African Mirror

2019

Regisseur Mischa Hedinger porträtiert in seinem Dokumentarfilm den Schweizer Filmemacher René Gardi. Dieser erklärte den Zuschauern den afrikanischen Kontinent und seine Bewohner und schwärmte über die weite, unberührte Landschaft und die Lebensweise der Afrikaner. Dabei schuf er ein koloniales Bild des Kontinents, dessen Geschichte in der Dokumentation auch gezeigt wird.

Rezension zu African Mirror
Thomas Schneider
Dr. Kay Hoffmann
Filmpublizist und wissenschaftlicher Leiter im Haus des Dokumentarfilms

Dem Schweizer Filmemacher und Reiseschriftsteller René Gardi widmet  Mischa Hedinger in »African Mirror« ein Portrait. Er selbst bezeichnet den Film als gefährlich, da Gardi ein besonderes Wunschbild von den edlen Wilden in Afrika zeichnet, das aus heutiger Sicht rassistische Züge trägt. Darf man solche Positionen heute noch veröffentlichen? 

Hediger verzichtet zudem auf einen distanzierenden Kommentar oder die Einordnung durch Experten, sondern lässt die Bilder und Texte von Gardi selbst sprechen. Ihm gelingt es, dass die Widersprüchlichkeit und Ambivalenz dieser Person deutlich werden. Es fängt schon damit an, dass er für seine Aufnahmen in Nordkamerun diese aktiv gestaltet. Für eine Hochzeit sind als Preis drei Ziegen vereinbart. Für den Film ist ihm das zu wenig. Es müssen mindestens acht sein. Er beobachtet nicht, sondern lässt die Schwarzen Situationen spielen, die er sich ausgedacht hat und bezahlt sie dafür. 

In den 1950er und 1960er Jahren war er mit seinen Filmen und Buchveröffentlichungen sehr erfolgreich und wurde nicht hinterfragt. Sein Film »Mandara« lief auch auf der Berlinale. Bevor er mit seinen Reisen begann, war er in den 1940er Jahren Lehrer und missbrauchte einige Schüler. Dies wurde zwar unter den Teppich gekehrt, aber er dürfte nicht mehr unterrichten. So begann er seine Reisen nach Afrika. Als es dann organisierte Pauschalreisen nach Kamerun gab – durchaus auch als Folge seiner Filme – störte ihn, dass die Touristen auch nichts anderes taten, als die Naturvölker zu fotografieren und zu filmen. Sie versuchten sein Afrikabild zu entdecken, das es so garnicht gab. 

Ganz problematisch sind seine Kommentare, als in den 1960er Jahren viele afrikanische Länder ihre Unabhängigkeit bekommen und er ihnen dieses schlicht nicht zutraut. Hier lobt er die ordenende Kraft der Kolonialmächte, die den Ländern Ordnung und Ruhe gebracht hätten und verschweigt die damit verbundene Unterdrückung und Ausbeutung. In seinen zahlreichen Büchern und Filmen spiegelt sich der imperialitische Zeitgeist. Auf der anderen Seite kritisiert er, dass die Überflutung mit europäischen Kitsch die afrikanische Kultur verdrängen würde. Entsprechend hitzig war die Diskussion im Anschluss an den Film, da einige doch massiv die Distanzierung von diesen Positionen einforderten. Von daher hat Mischa Hediger recht, dass es sich um einen gefährlichen Film handelt. Denn diese Gratwanderung, dem klischeehaften Afrikabild von René Gardi eine Plattform zu bieten und die Zuschauerinnen und Zuschauer selbst die Widersprüchlichkeit entdecken zu lassen ist durchaus ein Risiko in Zeiten des Erstarkens von nationalistischen Strömungen mit rassistischen Polemiken. Es ist trotzdem ein wichtiger Film, der genau diese Positionen von René Gardi entlarvt und deutlich macht, wie prägend sie waren für unsere westlichen Gesellschaften.

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Kinostart:08.02.2019 in Internationale Filmfestspiele Berlin
weitere Titel:
African Mirror
Genre:Dokumentarfilm
Herstellungsland:Schweiz
Originalsprache:Deutsch, Schweizerdeutsch, Französisch
IMDB: 27
Offizielle Webseite:www.africanmirror.ch
Regie:Mischa Hedinger
Drehbuch:Mischa Hedinger
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Rezensionen:

Datenstand: 13.05.2022 06:43:13Uhr