Verdun – sie werden nicht durchkommen

2013
Rezension zu Verdun – sie werden nicht durchkommen
Thomas Schneider
Thomas Schneider
Online-Redakteur im Haus des Dokumentarfilms

Der »Große Krieg«, wie der 1. Weltkrieg bis heute in vielen Ländern genannt wird, tobte bereits eineinhalb Jahre, als am 21. Februar 1916 im Osten Frankreichs eine zehn Monate dauernde Vernichtungsschlacht begann, die zum Inbegriff der menschenfressenden Vernichtungsmaschine Krieg wurde: Verdun. In seiner 2014 für Arte France gedrehten Dokumentation folgt er der Chronologie der Ereignisse.

Es ist eine Zeit, in der Franzosen auf deutscher Seite nur verächtlich als »der Franzmann« diffamiert werden und der Deutsche als »le Boche« - der Holzkopf. Aber Holzköpfe haben sie alle, vor allem die Generäle, die seit Sommer 1914 immer neue Menschennahrung in das riesige Feuer werfen, das in Europa alles zu verbrennen droht, was an Menschlichkeit noch übrig geblieben ist. Die später von vielen als die schlimmste Schlacht des Krieges erinnerte Massenvernichtung aber steht noch bevor. Verdun. Eine Stadt an der Meuse im Nordosten Frankreichs. Rund 260 Kilometer von Paris entfernt, etwa 80 Kilometer von Metz. Um Verdun, einst Teil von Lothringen, gibt es seit Jahrhunderten Streit zwischen Deutschen und Franzosen. Das Jahr 1916 wird Verdun als Brandzeichen der Geschichte in das Gedächtnis der nachfolgenden Generationen einbrennen.

Im Februar 1914 versucht die Deutsche Wehmacht mit einer nie zuvor gesehenen Maschinerie die französischen Stellungen bei Verdun förmlich wegzubomben. An einem Tag fallen eine Million Granaten. Zehntausende sterben in den ersten 24 Stunden, und es werden viele, viele folgen. Mehr als 300.000 Menschen sterben in den zehn Monaten. Das »Ausbluten« der französischen Armee ist das erklärte Ziel der deutschen Offensive. Die Soldaten sind in diesem Chaos aus Schlamm, Blut und verwesendem Fleisch nur noch Kanonenfutter.

Der erfahrene französische Filmemacher Serge de Sampigny, der 2012 für Arte die Dokumentation »Frankreich und die deutsche Besatzungszeit« realisierte, versucht in diesem bis heute auch mit Schuld und Vorwürfen belasteten Thema eine objektive Haltung zu bewahren. Er erzählt die Ereignisse in fast chronologischer Reihenfolge, was den Schrecken des Kommenden durchaus noch verstärkt. Ihre Unausweichlichkeit scheint für kurze Zeit vermeidbar, bevor die Ereignisse dann so eintreten, wie sie geschehen sind.

Die historischen Wurzeln der deutsch-französischen Feindschaft sieht der Film im Krieg von 1870/71 und zeigt zudem auf, wie im Vernichtungskrieg von Verdun der Beginn etwas noch Monströseren schlummert. Der Film lässt Soldaten von beiden Frontseiten sprechen - mit Material aus ihren Briefen und Tagebucheinträgen, die oftmals nur wenige Stunden oder Tage vor ihrem Tod niedergeschrieben wurden. Da fallen Sätze wie »Es wird eine Schlacht geben, wie sie die Welt noch nie gesehen hat« oder »Ein Volk braucht Luft zum atmen und leben«. Man hört ihn ihnen schon den Duktus des Herrenmenschen heraus, der Verdun ein Vierteljahrhundert später zu einer furchtbaren Vorgeschichte verdammen wird.

Im Zusammenhang mit den Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs erhielt der Dokumentarfilm das Centenaire-Label der Mission du centenaire de la Première Guerre mondiale. 

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Kinostart:2013
weitere Titel:
Verdun – sie werden nicht durchkommen
Verdun, ils ne passeront pas
Genre:Dokumentarfilm
Regie:Serge de Sampigny
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Rezensionen:

Datenstand: 13.05.2022 06:37:35Uhr