Ein Hells Angel unter Brüdern
2014
Ein Hells Angel unter Brüdern ist ein deutscher Dokumentarfilm von Marcel Wehn aus dem Jahr 2014. Der Film porträtiert den Fotografen und langjährigen Vorsitzenden der Stuttgarter Sektion des Motorrad- und Rockerclubs Hells Angels, Lutz Schelhorn, und wurde beim Neiße Filmfestival 2014 als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.[1] Der Kinostart war am 15. Januar 2015.[2]

Die Hells Angels haben in der Öffentlichkeit und den Medien inzwischen das Image einer kriminellen Vereinigung, die mit Gewalt, Drogenhandel und Prostitution in Verbindung gebracht wird. Umso verblüffter war Regisseur Marcel Wehn, als er während seines Studiums an der Filmakademie Baden-Württemberg in der Zeitung über ein spannendes Fotoprojekt las zur Judendeportationen in Stuttgart während der NS-Zeit las. Der Fotograf war Lutz Schellhorn. Er ist zugleich Präsident der Hells Angels in Stuttgart. Diese Ambivalenz interessierte den Regisseur. Deshalb wollte er einen Dokumentarfilm über Schellhorn drehen.
Es war kein leichter Weg. Die Hells Angels sind ein verschworener Männerbund mit eigenen Regeln. Es bedürfte viel Überzeugungsarbeit, dass sie als Gruppe dem Filmprojekt zustimmten. Dann gab es Einsprüche von den Hells Angels in den USA. Das Klima veränderte sich. Zum Teil wurden Charter – so werden die einzelnen Clubs genannt – in einigen Städten verboten und ein „Kuttenverbot“ erlassen. Sie dürften in ihren Lederjacken nicht mehr öffentlich auftreten. Von daher zogen sich die Dreharbeiten über fünf Jahre hin. Wie der Titel verspricht, geht es vor allem um einen Hells Angel: Lutz Schellhorn. Er ist charismatischer Chef des Stuttgarter Motorradclubs. Er bemüht sich um ein anderes Image der Hells Angels. Als Fotograf hat er ein Buch veröffentlicht mit Fotos aus der Szene. In Stuttgart hat er dafür gesorgt, dass die Gruppe nach Angaben der Polizei und Justiz in den vergangenen Jahrzehnten nicht auffällig war. Marcel Wehn, der zuvor Wim Wenders porträtiert hatte, ist es gelungen, einen neugierigen Blick hinter die Kulissen zu liefern. Kamerafrau Eva Katharina Bühler hat dafür große Bilder geschaffen von den gemeinsamen Ausfahrten und dem Leben im Club. Natürlich hat sich über die Jahre ein enges Verhältnis zwischen Wehn und Schellhorn entwickelt. Eine solche Nähe und ein Vertrauen zu den Protagonisten ist für jeden Dokumentarfilm wichtig, will er nicht nur an der Oberfläche kratzen. Es geht im Film auch um ihre Träume von Freiheit und Unangepasstheit. Sie werden gezeigt als Motorradfreaks, die in die Jahre gekommen sind und erwachsene Kinder haben. Wehn zeigt sie als Menschen. Dies wird dem Film von der Presse vorgeworfen. Einige sind ihrem Schwarz-Weiß-Denken so verhaftet, dass Hells Angels nur als Böse gezeigt werden dürfen.
Dabei liefert Marcel Wehn keinesfalls einen unkritischen Imagefilm, wie ein anderer Vorwurf lautet. Bestimmte Problempunkte wie Drogenhandel, Vergewaltigung oder der Tod eines Polizisten werden im Film angesprochen. Hier bezieht Wehn Position und zeigt Haltung. Und es zeigt sich, dass Schellhorn dem Ehrenwort eines Clubmitglieds eher glaubt, als Beweisen oder Gerichtsentscheiden. Diese Vorfälle gab es nicht in seinem Charter in Stuttgart, sondern in anderen Städten. Aber die Aussagen von Schellhorn und Nachfragen von Marcel Wehn zeigen, dass er doch ein eigenes Weltbild hat, das es nach außen zu verteidigen gilt. Dies ist erklärbar, da die Hells Angels auch schon oft mit falschen Anschuldigungen überschüttet wurden. Andere Aspekte wie die strenge Hierarchie und das langjährige Aufnahmeverfahren oder Aktivitäten am Rande der Legalität bleiben außen vor, auch weil sie hinlänglich bekannt sind. Dem Film vorzuwerfen, er arbeite nicht journalistisch investigativ, ist lächerlich, denn dies ist nur eine mögliche Herangehensweise an die Wirklichkeit. Viel wichtiger ist es doch, sich selbst ein Bild machen zu können zwischen Mythos, Wahrheit und Vorurteil. Dies wird allerdings schwierig gemacht, denn der äußerst sehenswerte Dokumentarfilm wird von Kinos in Deutschland regelrecht boykottiert und läuft nur in ganz wenigen Filmtheatern.
Kinostart: | 2013 15.01.2015 in ![]() | ||||
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weitere Titel: |
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Genre: | Dokumentarfilm | ||||
Herstellungsland: | Deutschland | ||||
Originalsprache: | Deutsch | ||||
Farbe: | Farbe | ||||
IMDB: | 105 | ||||
Offizielle Webseite: |
Regie: | ![]() | Marcel Wehn |
Drehbuch: | ![]() | Marcel Wehn |
Kamera: | ![]() | Eva Katharina Bühler |
Schnitt: | ![]() | Catrin Vogt |
Musik: | ![]() | Christoph Rinnert |
Produzent: | ![]() | Arek Gielnik |
Darsteller: | ![]() | Lutz Schelhorn |
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Rezensionen:
2014 | Max Ophüls Festival Best Documentary | Nominiert |