Die Eroberung der Weltmeere

Und die Macht der Wissenschaft

Wem gehören die Weltmeere? Über Jahrtausende hatten die Ozeane keine Besitzer. Küstenstaaten beanspruchten allenfalls einen schmalen Uferstreifen. Doch einige Paragrafen im Völkerrecht haben dieses Verständnis dramatisch verändert: Das Staatsgebiet endet nun nicht mehr am Ufer eines Meeres, sondern geht unter Wasser weiter.
Es ist vergleichbar mit der Geschichte Afrikas, als die Kolonialmächte den Kontinent aufteilten. Statt militärischen, werden heute wissenschaftliche Begründungen herangezogen: "Festlandsockel" lautet das Zauberwort für das Neuland unter Wasser und gelangte fast unbemerkt als Zusatzartikel in das Internationale Seerecht. Seit der Ratifizierung in den 90er Jahren setzen nun Küstenstaaten alles daran, einen möglichst großen Festlandsockel nachzuweisen. Denn je größer der Sockel, desto größer das dazugehörige Meeresgebiet.
Die Folgen sind noch nicht abzusehen. Nicht nur Konflikte über konkurrierende Gebietsansprüche zwischen den Staaten sind an der Tagesordnung. Auch kann niemand abschätzen, welche ökologischen Folgen es haben wird, wenn die Staaten in "ihre" Tiefsee vorrücken, um Rohstoffe aus dem Meeresboden zu gewinnen. Das Problem: Der Festlandsockel ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen, nur Wissenschaftler können ihn bestimmen. So könnten mehr als 50 Prozent unserer Meere unter staatliche Hoheit fallen.
Die Recherche für diese Produktion dauerte mehrere Jahre. Da die sehr diskret arbeitende Festlandsockelkommission zu keiner offiziellen Stellungnahme bereit war, mussten die Filmemacher verschlungene Wege gehen, um Experten vor die Kamera zu bekommen.
Nach "Der Fluch der Meere - Plastik" (2012) und "Natur unter Beschuss" (2013) lenken die Autoren mit diesem Film die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Skandal um die Weltmeere: ihre Besitznahme. "Die Einverleibung riesiger Ozeangebiete hat sich ohne große Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vollzogen und läuft extrem intransparent. Kaum einer versteht, was da vor sich geht. Angesichts der ökologischen Fragilität wird es nun entscheidend sein, wie sich die Küstenstaaten verhalten. Die Vergangenheit hat gezeigt, wie gefährlich ihre politischen und ökonomischen Interessen den Weltmeeren werden können."

Die Sendung wird ausgestrahlt am Samstag, den 16.01.2021 um 22:55 Uhr auf arte.