corona nachgehakt

Sind Antikörper die Lösung?

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Während seiner COVID-19-Behandlung erhielt US-Präsident Donald Trump unter anderem Antikörper des US-Unternehmens Regeneron. Nach seiner Genesung bezeichnete er die experimentellen Therapien der US-Pharma-Konzerne als "Heilmittel", die er allen Corona-infizierten Amerikanern zugänglich machen wolle. Doch was sind eigentlich Antikörper? Und wie wirken sie im Zusammenspiel mit einer Impfung gegen Corona? Darüber spricht phoenix-Moderator Michael Krons in einer neuen Folge "corona nachgehakt" mit Prof. Harald Prüß, Oberarzt an der Charité Berlin und Forschungsgruppenleiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).


Hat ein Patient eine COVID-19-Infektion überstanden, dann enthält sein Blutserum eine Vielzahl unterschiedlicher Antikörper. Sie stellen einen regulären Bestandteil der menschlichen Immunantwort auf verschiedene Gefahren dar, denn bei Antikörpern handelt es sich um winzige Eiweiß-Ankermoleküle, die an anderen Molekülen andocken. Dadurch können sie entweder die Krankheitsmoleküle blockieren oder sie kennzeichnen, so dass der Körper erkennt, welche Zellen er angreifen muss. Genesene Patienten können einen Teil ihres Blutplasmas spenden und andere Erkrankte so mit zusätzlichen Antikörpern im Kampf gegen ein Virus unterstützen.

Forscher der Berliner Charité und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) konnten bei COVID-19-Erkrankten insgesamt 600 unterschiedliche Antikörper aus dem Blut isolieren.

Der Studie zufolge sollen drei Antikörper-Typen im Kampf gegen Corona besonders vielversprechend sein. Diese werden jetzt künstlich hergestellt. Sie wurden im Rahmen eines Tierversuchs Hamstern gespritzt, den Forschern zufolge mit einer deutlichen Wirkung: "Wurden die Antikörper nach einer Infektion verabreicht, entwickelten die Hamster allenfalls milde Krankheitssymptome. Bekamen gesunde Hamster die Antikörper vorsorglich, wie es auch bei einer Impfung passiert, sind die Tiere gar nicht erst krank geworden", so Prof. Jakob Kreye, Koordinator des Antikörper-Forschungsprojekts in Berlin.

In der Forschung wird zwischen einer aktiven und passiven Impfung unterschieden. Bei einer aktiven Impfung wird der Körper des Patienten mit Erregern oder Erregerstämmen konfrontiert und entwickelt nach und nach selbstständig einen Schutz gegen das Virus. Bei der passiven Impfung, auch passive Immunisierung genannt, werden dem Patienten dagegen künstliche Antikörper verabreicht. In der Regel nehmen diese ihre Arbeit sofort auf und können so umgehend eine Wirkung erzielen.

Durch die in ihrer Studie identifizierten drei besonders wirksamen Antikörper-Klassen erhoffen sich die Berliner Forscher, einen möglichen Schutz gegen COVID-19 anbieten zu können. Dieser soll sowohl präventiv als auch im Falle einer Erkrankung wirken können. "Die Antikörper haben im Labor gezeigt, dass sie sich sehr effizient an das Virus binden, dieses ausschalten und verhindern, dass es sich weiter im Gewebe ausbreitet. Wir hoffen, dass das der erste Schritt ist in Richtung passiver Immunisierung beim Menschen", erklärte Prof. Harald Prüß, Forschungsgruppenleiter und Neurologe an der Berliner Charité die Ergebnisse der Studie.

Bei einer passiven Immunisierung baut der Körper die künstlich zugeführten Abwehrmechanismen allerdings bereits nach wenigen Wochen wieder ab. Dadurch ist der Schutz weniger beständig als nach einer aktiven Impfung, wie sie beispielsweise bei Masern, Tetanus oder Diphterie üblich ist. Prof. Harald Prüß hält Antikörper daher vor allem dann für wirksam, wenn erst seit kurzen eine Erkrankung vorliegt, das Virus also noch nicht den gesamten Körper erreicht hat und die Ausbreitung abgemildert werden kann: "Bei jemandem, der schon sehr schwer krank ist und auf der Intensivstation liegt, reicht der Schutz durch eine passive Impfung wahrscheinlich nicht aus."

Eine schnell wirkende Antikörper-Therapie ist also als Erstversorgung vor allem für Risikopatienten sinnvoll, z.B. für Ältere und/oder Menschen mit Vorerkrankungen, wie etwa Asthma oder COPD. Um die Übertragung des neuen Corona-Virus SARS-CoV-2 allerdings zu verlangsamen oder gar zu stoppen, benötigt es einen Impfstoff, an dem zurzeit weltweit mit Hochdruck geforscht wird.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 21.10.2020 um 11:30 Uhr auf phoenix.