Jacopo Quadri

Jacopo Quadri (* 17. November 1964 in Mailand)[ 1] ist ein italienischer Filmeditor, der auch als Regisseur und Produzent von Dokumentarfilmen, sowie als Verleger tätig ist.

Quadri ist für die Montage von über 90 langen Spiel- und Dokumentarfilmen verantwortlich und zählt zu den bedeutendsten Editoren des zeitgenössischen italienischen und internationalen Kinos.[ 2] Er hat sämtliche Langfilme der Regisseure Mario Martone und Gianfranco Rosi montiert; auch einige Werke von Bernardo Bertolucci, Paolo Virzì, Marco Bechis und Zhang Yuan zählen zu seiner Filmografie.

Als Editor war Jacopo Quadri insgesamt elfmal für den italienischen Filmpreis David di Donatello nominiert; er gewann diesen Preis 1998 für die Montage des Spielfilms Teatro di guerra.[ 3] Zudem haben Filme, die von Quadri montiert wurden, einige der wichtigsten internationalen Festival-Preise gewonnen: Das andere Rom (Sacro GRA) erhielt 2013 als erster Dokumentarfilm überhaupt den Goldenen Löwen der Filmfestspiele in Venedig,[ 4] während Seefeuer (Fuocoammare) 2016 bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.[ 5]

Seit Ende der 1990er Jahre ist Jacopo Quadri phasenweise auch als Regisseur und Produzent von dokumentarischen Kurz- und Langfilmen aktiv und gewann in diesen Rollen ebenfalls mehrere Preise auf Filmfestivals.

Jacopo Quadri ist der Sohn von Franco Quadri (1936 – 2011), einem Essayisten, Übersetzer und Journalisten, der sich als einer der bedeutendsten italienischen Theaterkritiker etablieren konnte.[ 6] [ 7] Nach Francos Tod erbte Jacopo dessen Verlag Ubulibri, der auf Theater-Bücher spezialisiert ist.[ 8] Neben dem Verlag führt Jacopo Quadri auch ein weiteres Erbe seines Vaters fort: Er ist Präsident der Associazione Ubu per Franco Quadri,[ 1] die unter anderem jedes Jahr die 1978 von Franco Quadri gegründeten Theaterpreise Premio Ubu per il teatro vergibt.[ 9]

Jacopo Quadri studierte an der Filmhochschule Scuola Nazionale di Cinema in Rom.[ 10] Eine seiner ersten Arbeiten als Filmeditor war die von Enrico Ghezzi inszenierte Episode Gelosi e tranquilli des 1988 erschienenen Omnibusfilms Provvisorio quasi d'amore.[ 11] Sein erster Langfilm war 1989 der deutschsprachige Spielfilm Venedig: traumhaft billig! der Regisseure Frank Guido Blasberg und Michael W. Esser; letzterer war auch Ko-Editor des Films.[ 12]

Schon früh in seiner Karriere kam Jacopo Quadri mit Regisseur Mario Martone zusammen. Dessen gesamtes, vielfach preisgekröntes Œuvre von inzwischen über zehn Langfilmen hat Quadri montiert. Martones Debütspielfilm Morte di un matematico napoletano, wurde 1992 bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet,[ 13] und brachte Quadri seine erste Nominierung für den italienischen Filmpreis David di Donatello ein. Eine zweite Nominierung folgte 1995 für L'amore molesto, der in drei anderen Kategorien ausgezeichnet wurde, inkl. Beste Regie.

Zum ersten Mal gewinnen konnte Quadri den italienischen Filmpreis für die Beste Montage im Jahr 1998 mit Martones dritten Langfilm Teatro di guerra, der von den Proben einer Theatergruppe zur Zeit des Bosnienkrieges handelt. Anschließend kam es mit dem Dokumentarfilm Un posto al mondo (2000) zu einer gemeinsamen Regiearbeit von Quadri und Martone.

Den Hauptanteil der Zusammenarbeit machen jedoch weiterhin historische Dramen aus: Für Martones Die Fahne der Freiheit (Noi credevamo) erhielt Quadri 2011 nicht nur seine inzwischen siebte David di Donatello Nominierung; der Film gewann außerdem in sieben weiteren Kategorien, inkl. Bester Film. Ähnlich lief es 2014 mit Il giovane favoloso, einer Biografie des Dichters Giacomo Leopardi. Es gab wieder eine Nominierung für Quadri, und der Film gewann in fünf weiteren Kategorien. Der im Jahr 1914 angesiedelte Spielfilm Capri-Revolution brachte es 2019 sogar auf insgesamt 13 Nominierungen, von denen er zwei gewinnen konnte. Quadri war diesmal zusammen mit seiner Ko-Editorin Natalie Cristiani nominiert. Der 2019 im Wettbewerb von Venedig uraufgeführte Mafia-Krimi Il sindaco del Rione Sanità, angelehnt an eine Theaterinszenierung von Martone, brachte Quadri ebenfalls zwei Schnittpreis-Nominierungen ein.

Auch alle Langfilme des Dokumentarfilm-Regisseurs Gianfranco Rosi hat Jacopo Quadri montiert. Bereits 1993 arbeitete er an Rosis Abschlussfilm Boatman (Ein Boot auf dem Ganges), einem mittellangen Dokumentarfilm, der auf etlichen internationalen Filmfestivals lief, darunter Sundance, Locarno, Toronto und Amsterdam. 15 Jahre sollten vergehen, bis die beiden wieder für Rosis ersten abendfüllenden Dokumentarfilm zusammen kamen: Unter dem Meeresspiegel (Below Sea Level), ebenfalls eine italienisch-amerikanische Koproduktion. Es folgten 2010: Der Auftragskiller – Zimmer 164 (El Sicario, Room 164), 2013: Das andere Rom (Sacro GRA), und 2016: Seefeuer (Fuocoammare). Sowohl Das andere Rom als auch Seefeuer wurden mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet.

Das bislang letzte gemeinsame Werk Notturno erlebte seine Uraufführung im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig 2020.[ 14] Aufgrund der Materialmenge von über 90 Stunden, die während der dreijährigen Dreharbeiten in Kriegsgebieten des Nahen Ostens entstanden war,[ 15] wurde Fabrizio Federico als zweiter Editor hinzugezogen.

Gianfranco Rosi hat seine professionelle Zusammenarbeit mit Quadri als „Method Editing“ beschrieben,[ 2] in Anlehnung an den Begriff „Method Acting“. 2017 führte Quadri im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Visions du Réel in Nyon eine Masterclass zu den Werken von Rosi durch.[ 2]

Neben seinen beiden Stammregisseuren Matrone und Rosi, hat Jacopo Quadri mit einer Reihe weiterer Regisseure an bedeutenden Werken zusammengearbeitet. Dazu zählen Junta (1999) von Marco Bechis (für den Quadri zwei Schnittpreise erhielt), Die Träumer (2003) sowie Ich und Du (2012) von Bernardo Bertolucci, Little Red Flowers (2006) von Zhang Yuan, und Das Leuchten der Erinnerung (2017) von Paolo Virzì.

Es gibt auch eine Zusammenarbeit mit dem thailändischen Regisseur Apichatpong Weerasethakul, an dessen 2004 erschienenem Spielfilm Tropical Malady. In den Eröffnungscredits steht Quadri direkt unter dem Editor Lee Chatametikool als „Editing Adviser“ (Montage-Berater).[ 16] Dies hat dazu geführt, dass Quadri in vielen Datenbanken unpräzise als zweiter Editor des Films geführt wird, oder ganz falsch als Schnittassistent.

Bei der Literaturverfilmung Waiting for the Barbarians (Warten auf die Barbaren), der im September 2019 im Rahmen der Filmfestspiele von Venedig uraufgeführt wurde, arbeitete Quadri zum ersten Mal mit dem kolumbianischen Regisseur Ciro Guerra zusammen.

Im Jahre 1997 begann Jacopo Quadri kurze und mittellange Filme herzustellen, die aus Archivmaterial und Found-Footage-Material bestehen.[ 17] Sein erster Langfilm als Regisseur war Un posto al mondo (2000), der ebenfalls Found-Footage-Material verwendet. In Ko-Regie mit Mario Martone entstanden, ist der Dokumentarfilm eine Auseinandersetzung mit den Schmerzen von Emigration und Immigration. Dafür montierte Quadri assoziativ Bilder aus aller Welt, die in den Nachrichten-Archiven der Rundfunkanstalt RAI gefunden wurden.[ 18]

Es folgte eine längere Phase, in der Quadri nicht als Regisseur in Erscheinung trat. Seine bleibende Faszination für Found Footage führte 2014 zu dem 30-minütigen Dokumentarfilm Eccoli, der in Ko-Regie mit dem Regisseur Stefano Ricci und dem Musiker Giacomo Piermatti entstand.[ 19] Die Montage des Films bietet einen Einblick in die revolutionären Jahre von Franco Basaglia in der psychiatrischen Klinik von Gorizia, indem sie unveröffentlichte Bilder der dortigen Musiktherapie-Workshops fragmentarisch verknüpft.[ 20]

Nach dem Tod seines Vaters Franco Quadri im Jahre 2011, trug die Beschäftigung mit dessen umfangreichem Theater-Erbe dazu bei, dass Jacopo sich in seinen nächsten langen Dokumentarfilmen zwei berühmten Theaterregisseuren zuwendete: La scuola d'estate (2014) ist ein Porträt von Luca Ronconi und dessen experimenteller Theaterschule Centro Teatrale Santacristina in Umbrien.[ 21] Mit dem Film gewann Quadri 2015 den Sonderpreis Nastro d'Argento der Berufsvereinigung der italienischen Filmjournalisten (SNGCI) und den Libero Bizzarri Preis für die beste Regie.[ 1] 2015 folgte der in Ko-Regie mit Davide Barlett entstandene Film Il paese dove gli alberi volano, über Eugenio Barba und seine Theatergruppe Odin Teatret.[ 22]

Der 2017 erschienene Dokumentarfilm Lorello e Brunello, ein Porträt von Zwillingen die in der Toskana einen Bauernhof betreiben,[ 17] brachte Quadri beim Internationalen Filmfestival Turin den Cipputi Preis und eine besondere Erwähnung der Jury ein.[ 23] [ 24]

2019 produzierte Quadri den mittellangen Dokumentarfilm Gli Indocili der Regisseurin Ana Shametaj,[ 25] und war zugleich Ko-Editor des Films. 2020 wurde sein mittellanges dokumentarisches Porträt Ultimina im Rahmen des Internationalen Dokumentarfilm-Festivals Amsterdam (IDFA) uraufgeführt.

Jacopo Quadri ist Mitglied der Europäischen Filmakademie in der Sektion für Editoren.[ 26] Seine 1994 geborene Tochter Ondina Quadri ist Schauspielerin.

Wo kein Einzelnachweis angegeben ist, sind die Quellen für die Filmografie: Cinematografo.it,[ 1] Cinemaitaliano.info,[ 10] und Filmdienst,[ 28] – jeweils gegengeprüft mit IMDb.[ 29] Die Jahreszahlen der Quellen sind, falls nötig, angepasst an das Erscheinungsjahr. Wo nicht anders ausgewiesen, handelt es sich um einen abendfüllenden Spielfilm.

Quelle: Wikipedia

Details

Vorname:Jacopo
Geburtsdatum:17.11.1964 (♏ Skorpion)
Geburtsort:Mailand
Alter:60Jahre 5Monate 6Tage
Nationalität:Italien
Sprachen:Spanisch; Italienisch;
Geschlecht:♂männlich
Berufe:Filmeditor, Dokumentarfilmer, Filmregisseur, Film­au­tor, Filmproduzent,

Merkmalsdaten

GND:N/A
LCCN:N/A
NDL:N/A
VIAF:206156962
BnF:N/A
ISNI:N/A
LCNAF:no2013046448
Filmportal:N/A
IMDB:N/A
Datenstand: 23.04.2025 19:10:45Uhr