Eine Welt aus Wäldern (3/3)

Der Wald im Wandel

Quelle: ARD-Pressebild
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Pont Alexandre III. in Paris am frühen Morgen: Die Natur erobert die Seineufer zurück. In den Wäldern fallen reihenweise Bäume den Steinäxten zum Opfer. Die Wildtiere erleben die Ankunft merkwürdiger Wesen - Rinder, Ziegen, Schafe, Schweine - im Schlepptau der ersten Landwirte, die das Land roden und pflügen, Getreide säen und ihr Vieh weiden lassen. Neue Menschen aus dem Orient eignen sich das Land an und domestizieren die Tiere. Jäger und Sammler verschwinden, an ihre Stelle treten die ersten bäuerlichen Gemeinschaften. Viehzucht und Rodung drängen den Wald zurück, der ländliche Raum entsteht.
Bison, Elch, Wildpferd und Schwarzstorch sterben aus oder werden an die Ränder des europäischen Kontinents gedrängt. Andere Arten wie Bären, Wölfe und Luchse versuchen sich eine Zeit lang anzupassen und ziehen sich dann in die Höhenlagen zurück: Berge und Flüsse sind nun die letzten wilden Landschaften. Andere Tiere, darunter Wildschweine, Hirsche und Füchse, werden zu nachtaktiven Einzelgängern. Nach der Französischen Revolution erreicht das Vorkommen wilder Arten seinen historischen Tiefstand, fast das gesamte Land ist bewirtschaftet. Der Wolf wird in Frankreich zum Volksfeind Nummer eins erklärt und im 19. Jahrhundert, der Blütezeit der Pferde, ausgerottet. Das Leben von Pferden und Hunden ist eng an das des Menschen gekoppelt: Sie begleiten ihn bei der Arbeit, beim Spiel und sogar im mörderischen Wahnsinn des Ersten Weltkriegs.
Der Mensch unterwirft die Natur einem immer rascheren Wandel. Kaum sind die Wälder endlosen Feldern gewichen, kehrt er dem Land schon wieder den Rücken und zieht in die neu entstandenen Städte. Im 20. Jahrhundert gestaltet der Mensch selbst Flüsse und Bergregionen um, der ländliche Raum verändert sich radikal. Derweil breitet sich die Natur still und leise in den Großstädten aus. Die Schleiereule fliegt auf ihren nächtlichen Streifzügen über die Dächer von Paris wie einst über hohe Baumwipfel. In vom Menschen verlassenen Gegenden breiten sich neue Wälder aus, und mit ihnen lange vergessene Tierarten: Adler und Geier, Hirsche, Steinböcke, Bären, Luchse, selbst einzelne Wölfe. Sie beweisen, dass wilde Arten überleben und zurückkehren, wenn der Mensch ihnen Zeit und Raum dafür lässt. Paris, Place de la Concorde: Vor 6.000 Jahren fielen hier Bäume den Steinäxten des Menschen zum Opfer. Diese Folge widmet sich den letzten sechs Jahrtausenden in der Naturgeschichte Europas. An die Stelle des Waldes tritt vielerorts der ländliche Raum. Völlig neue Landschaften entstehen, in denen die Tiere sich neue Nischen suchen. Im 20. Jahrhundert beschleunigt sich der Lauf der Geschichte so sehr, dass die wildlebenden Tier- und Pflanzenarten mit den menschengemachten Veränderungen nicht mehr Schritt halten können.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 13.12.2022 um 10:25 Uhr auf arte.