ZDFzeit

Wir Deutschen und Russland

Film von Friedrich Scherer und Stefan Brauburger
(vom Vortag)
45min, Deutschland 2022
Quelle: Pressebild (zdfPresse)
Quelle: Pressebild (zdfPresse)

Putins Überfall auf die Ukraine ist eine Zeitenwende – auch für die deutsch-russischen Beziehungen. Historische Traditionen des Miteinanders werden von der Gegenwart überrollt.

Das alte Bild von der bedrohlichen Großmacht im Osten rückt wieder in den Vordergrund. Dabei waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland stets vielschichtig und wechselhaft. Der Film blickt in die Geschichte und ordnet die aktuellen Entwicklungen ein.

Für Deutschland scheint der Epochenbruch des Angriffskrieges umso schwerwiegender, da die Verbindungen zu Moskau weitreichender sind als bei anderen westlichen Partnern. Deutschland zeigt sich für eine Auseinandersetzung weniger gewappnet. Die Berliner Politik, die eigentlich auf Sicherheit durch Kooperation mit Russland zielte, hat tatsächlich die Abhängigkeiten vergrößert und Handlungsspielräume im Konfliktfall eingeengt.

Anlass genug, nachzufragen, wie sich die Haltungen und Beziehungen der Deutschen zu Russland im Laufe der Jahrhunderte entwickelten. Welche Bedeutung gewannen sie in den unterschiedlichen historischen Kontexten? Und wie wirkten sie sich auf die Politik der vergangenen Jahrzehnte aus? Die Autoren Friedrich Scherer und Stefan Brauburger begeben sich auf eine Zeitreise, blicken dabei auf die Geschichte, wo nachhaltige Einstellungen der Deutschen zu Russland ihren Ursprung hatten, zwischen Nähe und Abgrenzung, Partnerschaft und Feindschaft.

Das Bild vom bedrohlichen und unergründlichen Reich etwa reicht bis in die Zeit Iwans des Schrecklichen und flackerte in Zeiten großer Konflikte immer wieder auf. Ob im Ersten oder im Zweiten Weltkrieg, als Hitlerdeutschland mit der "bolschewistischen Gefahr" für ganz Europa den eigenen verbrecherischen Vernichtungs- und Eroberungskrieg im Osten zu rechtfertigen suchte. Oder im Kalten Krieg, als die Bedrohung durch die stalinistische Sowjetunion so gefährlich erschien, dass sich die Bundesrepublik in bewusster Frontstellung als Bündnispartner der "Freien Welt" profilierte.

Doch immer wieder richteten sich auch Hoffnungen und Sehnsüchte nach Osten, etwa als deutsche Gelehrte, Architekten, Handwerker an den Höfen berühmter Zaren dienten oder die Zugewanderten unerschlossene russische Gebiete urbar machten. Angehörige deutscher Dynastien erklommen den Zarenthron, russische Kaiser bewährten sich als Bündnispartner und "Retter", wie im Siebenjährigen Krieg, im Kampf gegen Napoleon. In Bildnissen, Poesie, Prosa und Musik spiegelt sich, was man die "russische Seele" nennt. In den 1920er-Jahren wurden die Weimarer Republik und die frühe Sowjetunion in der Rüstungspolitik zu Komplizen, als es darum ging, Beschränkungen des Westens zu unterlaufen.

Auf die Phase der Konfrontation in der Adenauer-Ära folgte die Neue Ostpolitik Willy Brandts, der auf Wandel durch Annäherung setzte. Für das SED-Regime galt die Sowjetunion schon systemisch als "großer Bruder", der dem "kleineren" jedoch wenig Wahl ließ. Tauwetter setzte mit Gorbatschow ein. Dass der Schlüssel zur deutschen Einheit vor allem in Moskau lag, galt als selbstverständlich; dass er den Deutschen vom Kreml schließlich ausgehändigt wurde, als Sensation und Glücksfall der Geschichte. Selbst in den ersten Jahren der Putin-Ära klangen Sätze wie diese glaubwürdig: "Der Kalte Krieg ist zu Ende."

20 Jahre später lässt Moskaus Krieg gegen die Ukraine das bedrohliche Bild vom autoritären, imperialen Russland wiederauferstehen. Dass die Mehrheit der Russen Putins Kurs nach Jahren staatlich gelenkter Propaganda folgt, trägt zur Distanzierung bei. Wie lange wird es dauern, bis die deutsch-russischen Beziehungen wieder an verbindende historische Traditionen anknüpfen können?

Quelle: Presseportal

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 26.05.2022 um 01:30 Uhr auf ZDF.