Colonia Dignidad - Aus dem Innern einer deutschen Sekte (3/4)

Blick in den Abgrund

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Die isoliert lebende Gemeinschaft Colonia Dignidad öffnet sich mehr und mehr der chilenischen Öffentlichkeit. Die Erleichterung unter den deutschen Sektenangehörigen über den Militärputsch ist im September 1973 zunächst groß. Anführer Paul Schäfer dient sich den neuen Machthabern an: Geheimpolizeichef Manuel Contreras und Diktator Augusto Pinochet gehen fortan in der Kolonie ein und aus, während die Gegner des Terrorregimes in den Kellern der Kolonie gefoltert oder getötet werden. Kein Kolonist will davon unmittelbar etwas mitbekommen haben, zu sehr sind sie mit dem eigenen Überleben beschäftigt.
Als die USA 1976 ein Waffenembargo gegen Chile verhängen, lässt Schäfer mit Hilfe des deutschen Waffenhändlers Gerhard Mertins Kriegsgerät in die Kolonie schmuggeln - und reicht es an Pinochet weiter. Der steht fortan in seiner Schuld.
Doch der Kolonie droht von anderer Seite Gefahr. Amnesty International und der UN gelingt die Enthüllung der Folter durch Deutsche an Chilenen. In Deutschland setzt ein Unterausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes die Colonia Dignidad auf die Tagesordnung, hört Gegner und Unterstützer der Kolonie an.
Der Doku-Vierteiler taucht ein in die Abgründe der deutschen Sekte Colonia Dignidad - der sogenannten "Kolonie der Würde". Mehrere Hundert Stunden Bild- und Tonmaterial, aufgenommen von den Kameramännern in der Kolonie. Ehemalige Sektenmitglieder erzählen das erste Mal vor der Kamera von ihren traumatisierenden Erlebnissen und Beobachtungen, von den Mechanismen in der Kolonie. Der Operationschef der rechten Miliz Patria y Libertad spricht über die Verbindung der deutschen Sekte zu den Putschisten gegen Präsident Salvador Allende. Angehörige "Verschwundener" berichten vom Schicksal ihrer in der Kolonie getöteten Angehörigen. Folteropfer erzählen vom Grauen, das ihnen in den Kellern der Kolonie widerfahren ist.
Basierend auf diesen bisher unbekannten Zeugnissen begibt sich die Dokumentation auf die Spuren der komplexen, über 50 Jahre andauernden Geschichte von Tätern, Opfern, Unterstützern und Gegnern dieses Ortes, der zum Inbegriff des Bösen wurde. Es zeigt sich ein komplexes Geflecht von Beziehungen und Abhängigkeiten. Die Zuweisung von Gut und Böse, von Opfer und Täter wird immer wieder infrage gestellt.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 26.10.2021 um 23:30 Uhr auf SWR.