Geisterjagd

Dokumentarfilm Frankreich 2015

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Die Erinnerungen an seine Haft im israelischen Moskobiya-Verhörzentrum lassen den palästinensischen Regisseur Raed Andoni nicht los. Um sie zu verarbeiten, organisiert er ein Casting mit Männern - darunter Schauspieler, Handwerker und Architekten -, die einst wie er in Moskobiya inhaftiert waren. Gemeinsam spielen sie ihre Geschichten nach und schlüpfen dabei mal in die Rolle des Opfers, mal in die des Täters. Die Rekonstruktion der traumatischen Gewalterfahrung bringt lange unterdrückte Gefühle zum Vorschein und ist verstörend und berührend zugleich.


Der Regisseur Raed Andoni weiß nicht, ob seine bruchstückhaften Erinnerungen an die Haft im israelischen Moskobiya-Verhörzentrum real sind oder eingebildet, doch die traumatischen Gedanken lassen ihn nicht los. Per Stellenanzeige sucht er andere ehemalige Insassen - Handwerker, Architekten und Schauspieler -, denen er sein Projekt erläutert: Die erlebte Gewalt im Verhörzentrum in einem Kellergeschoss aus der Erinnerung wieder hochkommen zu lassen und mal in die Rolle der Täter, mal in die der Opfer zu schlüpfen.

Sechs Wochen lang kommen die Männer unterschiedlichen Alters jeden Tag in das Tiefgeschoss, um ihr ehemaliges Gefängnis neu erstehen zu lassen. Während die Zellenwände hochgezogen werden, kommt das Unaussprechliche nach und nach ans Licht. Die ehemaligen Insassen spielen ihre Erlebnisse in Moskobiya nach und lange unterdrückte Gefühle kommen wieder an die Oberfläche.
Anmerkung des Regisseurs Raed Andoni: "Mehr als 40 Prozent der männlichen Palästinenser erleben Verhöre und politische Haft in Israel, oft als junge Erwachsene. Diese Erfahrung wird als psychologisches und gewaltvolles Trauma erlebt. Vor allem aber ist diese Art von Initiationsritus eine Einführung in Dominanz - Dominanz durch andere, Dominanz des Anderen und Selbstdominanz. Die konfliktbehaftete Beziehung zwischen Dominierendem und Dominiertem wiederholt sich immer wieder, auch unter Palästinensern, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gefängnismauern. Diese Realität wird totgeschwiegen. Der Film entstand aus der Notwendigkeit, erstmals Worte für die Erlebnisse zu finden. Es ging nicht darum, das Gefängnis oder die israelischen Verhörmethoden vollständig und identisch nachzubilden. Stattdessen konnte jeder selbst entscheiden, wie er seine Hafterfahrung lebendig werden lässt: Indem er seine Gefängniszelle nachbaut, in eine fremde Rolle schlüpft oder einfach über die schmerzhaften Erfahrungen spricht. Das Trauma der Folter von einem anderen Blickpunkt aus anzugehen, ist befreiend, zumindest aber kann man dabei einen neuen Teil seiner eigenen Persönlichkeit kennenlernen."

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 19.03.2020 um 00:35 Uhr auf arte.

19.03.2020
00:35
Livestream
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Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: nein
Hörhilfe: nein
HDTV: ja
Logo-Event: nein
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Schlagwörter:Dokumentation/Reportage, Psychologie, Nahost-Konflikt
Alternative Ausstrahlungstermine:
19.03.2020 00:35 Uhr arte
21.02.2018 22:45 Uhr ARTE