DIE REPORTAGE

Wie viel Wildnis verträgt der Norden?

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Der Wolf ist zurück in Norddeutschland. Was bedeutet das für Schäfer, Landwirte und Menschen auf dem Dorf? Wie gefährlich ist der Wolf tatsächlich? Viele Schäferinnen und Schäfer fürchten um ihre Existenz, Landwirte fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Während die Wissenschaft noch versucht, das Verhalten des wieder ansässigen Raubtiers zu erforschen, verlieren viele Menschen auf den Dörfern die Geduld. Sie gründen Bürgerinitiativen und veranstalten Mahnwachen. Der Wolf hat in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft nichts zu suchen, sagen viele.


Der Wolf ist zurück in Norddeutschland. Was bedeutet das für Schäfer, Landwirte und Dorfbewohner? Wie gefährlich ist der Wolf tatsächlich? Viele Schäferinnen und Schäfer fürchten um ihre Existenz, Landwirte fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Während die Wissenschaft noch versucht, das Verhalten des neuen Mitbewohners zu erforschen, verlieren viele Menschen auf den Dörfern die Geduld. Sie gründen Bürgerinitiativen und veranstalten Mahnwachen. "Der Wolf hat in einer dichtbesiedelten Kulturlandschaft nichts zu suchen", sagen viele.

Landwirt Klaus Otto Magnussen aus Rethwisch bietet sich ein schreckliches Bild, als er morgens auf seine Weide kommt. Viele Schafe haben tiefe Wunden. Der herbei geeilte Tierarzt, der in den Wochen zuvor im Kreis Steinburg häufiger zu solchen Einsätzen gerufen wurde, muss die Schafe einschläfern. "Früher kannten wir den Wolf nur aus dem Märchen, jetzt ist er Realität. Auch in Schleswig-Holstein", sagt der Tierarzt.

"Ich wurde zwar entschädigt, existenzbedrohend sind aber nicht der Tod der Tiere, sondern die Folgeschäden. Die Herde ist traumatisiert. Gestresste Tiere bringen weniger oder gleich tote Lämmer zur Welt", so Magnussen. Die Familie Magnussen ist der Meinung, dass ein Wolf in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft mit Weidetierhaltung nichts zu suchen hat. Tierschützer sehen das anders. Doch Familie Magnussen musste erleben, wie ein Wolf trotz eines hohen Elektrozauns auf die Weide gelangte.

Das wundert den Wildtierbiologen Raoul Reding nicht. Er kennt den Wolf genau und ist in Niedersachsen Wolfsbeauftragter der Landesjägerschaft, zuständig fürs Monitoring. Derzeit gibt es in Niedersachsen etwa 250 Wölfe und 22 Wolfsrudel. In Deutschland insgesamt sind es 73 Rudel und geschätzt 1.000 Tiere. NDR Reporter Stefan Weisse begleitet Reding durch den Wald, als er Wildfotofallen aufstellt, um Wölfe nachzuweisen. Mit dabei sind Wissenschaftler von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover. Sie haben ein Pilotprojekt gestartet, um die Ausbreitung der Wölfe zu dokumentieren. Die Wölfe sollen mit einer Falle gefangen und "besendert" werden.

Während die Wissenschaftler noch versuchen, das Verhalten der Wölfe zu erforschen, verlieren viele Menschen auf den Dörfern die Geduld. Auf der Halbinsel Eiderstedt wehren sich die Landwirte Olaf Dircks und Peter Theodor Hansen mit einer Bürgerinitiative. "Wir müssen Druck auf die Politik ausüben und uns dafür einsetzen, dass die Gesetze geändert werden. Die Landwirtschaft kann nicht mit dem Wolf leben." Das NDR Team erlebt eine hochemotionale Mitgliederversammlung und ist auch dabei, als bei Olaf Dircks Lämmer geboren werden. Seine Schafe sind auf dem kilometerlangen Deich für den Küstenschutz im Einsatz. Hier sei eine hohe Elektroumzäunung zum Schutz der Tiere unmöglich. Peter Theodor Hansen, der schon 13 Lämmer durch den Wolf verloren hat, fährt jetzt nachts an seinen Weiden wieder hupend Streife, um den Wolf zu vertreiben.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Freitag, den 24.01.2020 um 21:15 Uhr auf Radio Bremen TV.