Gutachter des Bösen - Die Ära Frank Urbaniok

Die Diagnose Krebs war ein Schock. Nicht nur für Frank Urbaniok, sondern auch für seine Söhne und seine Frau. Urbaniok stand mitten im Leben, war Chefarzt des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes (PPD) im Zürcher Amt für Justizvollzug. Der wohl bekannteste und einflussreichste Psychiater der Schweiz, der den Justizvollzug massgeblich prägte. Sein Leben bestand vor allem aus Arbeit. 65-Stunden-Wochen waren normal. Die "Ära Urbaniok" endete an einem Freitag, als ihm sein Arzt eröffnet, er habe Bauchspeicheldrüsenkrebs. Urbaniok hatte eine statistische Überlebenschance von weniger als fünf Prozent. Inzwischen ist seine Perspektive besser, aber die Gefahr eines Rückfalls bleibt erheblich. Er bezieht heute eine Invaliditätsrente. Er braucht jeden Tag längere Ruhephasen und ist darum nur noch in einem kleinen Pensum als selbständiger Gutachter und Supervisor tätig. Urbaniok kam Mitte der 1990er-Jahre nach Zürich - kurz nach dem Mord in Zollikerberg. Am Nachmittag des 30. Oktober 1993 wurde die 20-jährige Pfadiführerin Pasquale Brumann vergewaltigt und ermordet. Der Täter war kein Unbekannter: Erich Hauert hatte bereits zwei Sexualmorde und elf Vergewaltigungen begangen. Der Fall löste Betroffenheit und Wut aus. Wieso wurden einem solchen Menschen unbegleitete Hafturlaube bewilligt? Wieso konnte er weiter morden? Der Justizvollzug war in seinen Grundfesten erschüttert. Neue Rezepte waren gefragt. Und Urbaniok übernahm die Themenführerschaft. Er plädierte dafür, die Mehrheit der Täter professionell zu therapieren, um ihre Risiken zu senken, und die Unbehandelbaren präventiv wegzusperren - wenn nötig für immer. Urbaniok prägte einen Paradigmenwechsel: weg vom Schuld-, hin zum Präventionsprinzip.

Quelle: Presseportal

Die Sendung wird ausgestrahlt am Freitag, den 13.09.2019 um 11:20 Uhr auf SRF 1.