Humberstone - Eine Stadt auf Zeit

Chile

Ein unwirklicher Ort, eine Wüstenstadt. Eine Geisterstadt, seit über vier Jahrzehnten verlassen: Humberstone. Das Besondere: Hier gibt es nichts Besonderes. Die Archäologen werden keine Jahrtausende alten Fundamente entdecken, die Kunstgeschichtler keine romanischen Gewölbe, keine gotischen Kathedrale und auch kein Renaissanceschloss. Und doch übt der Ort einen besonderen Reiz aus, und jeder Besucher wird zum Archäologen und Spurensucher der Kulturgeschichte.


Vor einem halben Jahrhundert lebten in Humberstone 3700 Menschen. Sie waren hierher in die Pampa gezogen, - nicht der schönen Landschaft wegen, die der chilenische Dichter Pablo Neruda besang: "Komm mit zu der Reise durch die Wüste, zu der lufthohen Nacht der Pampa..." - sondern weil sich hier Geld verdienen ließ, als Pampino, als Arbeiter der Salpetermine Santigao Humberstone. Sie lebten, von der Außenwelt weitgehend isoliert, in dieser Siedlung aus ebenerdigen, weiß-gekalkten Reihenhäusern, fast wie in einem Ghetto, das eine normale Stadt nachahmte. Humberstone bestand aus Wohnhäusern, hatte Läden, eine Schule und eine Kirche, ein Krankenhaus, besaß sogar ein Theater.

Und wie in einer richtigen Stadt gab es bessere und weniger gute Wohngegenden, der soziale Status entschied über Lage und Ausstattung der Wohnung. Es gab Häuser für Angestellte, und solche für Arbeiter, Gassen, in denen nur unverheiratete Arbeiter lebten durften, getrennt von den Straßen für Arbeiter mit Familie. Heute lassen die leeren, vom Zahn der Zeit und von Erdbeben beschädigten Häuser lassen kaum Unterschiede erkennen, und ein ganzen Viertel ist dem Wüstenboden gleich gemacht.

Wer aus der blendenden Sonne in eines der niedrigen Häuser tritt, steht in leeren Räumen. Die Wände, meist grünlichblau oder ockerfarbenen gestrichen, der abblätternde Putz mit magisch wirkenden Zeichen übersät, Kritzeleien, und Botschaften gegen das Vergessen. Besonders im Krankenhaus erzählen Graffiti Familiengeschichten: "Hier wurde meine Mutter geboren", oder fünf, sechs, sieben Namen, Kinder einer Familie die hier zur Welt kamen, hier aufwuchsen, zur Schule gingen, sich verliebten...

Herausgehoben: Ein lang gestrecktes mit einer eleganten Veranda gesäumtes Gebäude, das Verwaltungshaus, in dem die leitenden Angestellten, weiß gekleidet, ihre Mahlzeiten einnahmen, und sich beim Billard oder Tanzmusik vergnügten. Dahinter, etwas aus dem Blickfeld, die Fabrikgebäude, in denen das Salz der Erde zu Salpeter verarbeitet, das im Export zu Geld gemacht wurde und die Kassen der Kompanie füllte. Auf ihrem Territorium aber galt eine eigne Währung, die nur hier Gültigkeit und Wert hatte, damit das Geld nur in Läden der Oficina ausgegeben wurde.

Im restaurierten Theater wird die Bühne nicht mehr bespielt, der Zuschauerraum bleibt leer, und trotzdem - die Phantasie, die sich im Auge der Kamera spiegelt, konnte sie beleben.
Schätze der Welt - Erbe der Menschheit

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 17.02.2019 um 07:00 Uhr auf tagesschau24.

17.02.2019
07:00
Livestream
Audio-Format:stereo
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Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: nein
Hörhilfe: nein
HDTV: nein
Logo-Event: nein
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Schlagwörter:Dokumentation/Reportage, Geschichte, Architektur, Chile
Alternative Ausstrahlungstermine:
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17.02.2019 07:00 Uhr tagesschau24
27.09.2018 02:50 Uhr tagesschau24