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Die Aufgabe ist gewaltig: Bis 2030 soll die Deutsche Bahn doppelt so viele Fahrgäste befördern wie heutzutage. Und das verlässlich, bezahlbar und schnell, im sogenannten Deutschlandtakt. Jede halbe Stunde eine Verbindung auf den großen Achsen wie Hamburg-Hannover-Göttingen oder Hamburg-Berlin, dafür braucht es mehr Züge und neue Strecken in der Region. Politik und Bahn wähnen sich mit dem Zukunftskonzept "Starke Schiene" auf dem Überholgleis. Doch der Ausbau sorgt schon jetzt für Ärger bei den AnwohnerInnen, das Unternehmen ist milliardenhoch verschuldet und sucht händeringend qualifizierte Mitarbeitende, die es nicht gibt. Wie ist die Bahn noch zu retten? "Wäre die Bahn ein normales Unternehmen, wäre sie vermutlich längst pleite", sagt Kay Scheller, der Präsident des Bundesrechnungshofes, der die Bilanzen regelmäßig prüft. Doch die Bahn ist kein normales Unternehmen. Alle Aktien der Deutsche Bahn AG gehören dem Bund, also uns allen. Jahr für Jahr fließen Milliarden an Steuergelder in das Unternehmen. Auch die Schäden durch die Corona-Pandemie, von der Bahn mit bis zu 13,5 Milliarden Euro beziffert, sollen die SteuerzahlerInnen nun zum Teil ausgleichen. An der Basis spüren sie schon länger, dass es im Getriebe hakt. Harald Ketelhöhn ist seit 30 Jahren Lokführer und in der Gewerkschaft GDL aktiv. Fast täglich fährt er die Strecke Lüneburg-Lübeck-Kiel. Trotz der Einstellungsoffensive im Konzern "hat man das Gefühl, dass es immer weniger Indianer wie mich gibt, die die Züge und den Betrieb auf der Schiene am Laufen halten. Dafür aber immer mehr Häuptlinge in den oberen Etagen." In der Berliner Zentrale sieht man das natürlich anders, und beim Schienengipfel Ende Juni freut sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sogar über eine "kleine Revolution". Sein Parlamentarischer Staatssekretär Enak Ferlemann, CDU-Mann aus Cuxhaven, pflichtet ihm bei: "Wir wissen jetzt: Wo wollen wir hin? Was brauchen wir dafür? Und wo brauchen wir was? Und das bauen wir jetzt." Thomas Rippke und seine Mitstreitenden von der Bürgerinitiative Bigtab e.V. wehren sich gegen die geplante Neubaustrecke Hannover-Bielefeld. Damit der Deutschlandtakt Wirklichkeit werden kann, müssten auf dieser Strecke nämlich Züge mit 300 Stundenkilometern fahren. "Warum ist die Vertaktung und Verzahnung der Verkehrswege wichtiger, als unseren Lebensraum zu erhalten? Warum müssen wir neben einer Autobahn, einer Bundesstraße, einem Kanal und einer normalen Bahnstrecke nun auch noch eine Schnellbahnstrecke ertragen?" In Berlin schütteln sie über die "Bremser von Bückeburg" den Kopf: Verkehrswende super, aber bitte nicht bei uns. Das sei ein typisch deutscher Reflex, der Fortschritt schwierig mache. Die "45 Min"-Dokumentation ist eine emotionale Auseinandersetzung mit einem großen Sorgenkind der Deutschen. Der Film wirft einen Blick hinter die glänzenden Kulissen der Konzernzentrale, in den vertrauten Alltag aus überfüllten Bordbistros, auf verspätete Züge und verärgerte BahnkundInnen und analysiert, wohin die Reise künftig gehen wird. Die Bahn kommt. Jetzt aber wirklich?

Quelle: Presseportal

Die Sendung wird ausgestrahlt am Montag, den 21.09.2020 um 09:15 Uhr auf tagesschau24.