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Kann das Elektroauto die Umwelt retten?

DokThema beschäftigt sich mit relevanten politischen Entscheidungen aus Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Kultur oder Familie.


Elektro-Autos sollen die Umwelt retten, werden gar als "emissionsfrei" gepriesen. Für die deutsche Autoindustrie ein Milliarden-Markt: Alle Hersteller haben E-Offensiven gestartet oder bereits angekündigt. Und für die abgasgeplagten Kommunen bedeuten Elektro-Autos einen Ausweg aus drohenden Fahrverboten. Doch stimmt das? Sind E-Autos wirklich die Rettung für die Umwelt? Die Autoren Florian Schneider und Valentin Thurn gehen der Frage auf den Grund.
Das größte Bauteil eines Elektro-Autos ist mit mehreren hundert Kilo Gewicht die Batterie. Und sie ist das klimaschädlichste. Denn für das hier verwendete Lithium werden fragile Ökosysteme in Südamerika zerstört und der dort lebenden Bevölkerung Land und Wasser geraubt. Die Autoren recherchieren vor Ort, zeigen die Auswirkungen des Lithium-Booms: Eine ökologische und menschliche Katastrophe, in Kauf genommen für das "Null-Emissionen-Auto" in Europa.
Die Herstellung eines 100-kWh-Akkus, notwendig für eine Reichweite von rund 400 Kilometern, verursacht eine Klimabelastung von 15 bis 20 Tonnen Kohlendioxid. Ein Wert, für den ein 6-Liter Mittelklassewagen mit Benzin- oder Dieselmotor bis zu 100.000 Kilometer weit fahren kann. Für die Produktion von Elektro-Autos werden sehr viele unterschiedliche Rohstoffe gebraucht. Forscher des Wuppertal Instituts für Klimaforschung sagen: Die Summe der Umweltbelastung durch alle bei der Herstellung verwendeten Materialien ist bei der E-Mobilität im Vergleich zu Verbrennungsmotoren doppelt so hoch.
Unter dem Strich sind E-Autos keineswegs umweltfreundlicher als Benziner oder Diesel, zumindest nicht, wenn sie eine ähnliche Reichweite haben. Experten sind sich einig: Der einzige Weg, Mobilität umweltfreundlicher zu gestalten ist, den Individualverkehr zu reduzieren und den öffentlichen Nahverkehr zu stärken.
Wie das funktionieren kann, zeigt ein Beispiel im litauischen Vilnius. Seit September 2017 hat Vilnius eine der fortschrittlichsten Mobilitäts-Apps der Welt, mit der man problemlos ohne privaten Pkw durch die Stadt kommt. Kernstück der App ist eine Echtzeitkarte, die die aktuellen Positionen von Bussen, Bahnen und Taxis auf wenige Meter genau anzeigt. Dazu kommen die Park-Positionen von Carsharing-Autos und Leihfahrrädern. Das Ganze ist so erfolgreich, dass auch die Berliner Verkehrsbetriebe die App in diesem Jahr einführt.
Die App ist nur eine von weltweit vielen Ansätzen, um den Menschen eine bequeme Alternative zum eigenen Auto zu bieten. Und auch wenn das Auto wohl nie ganz aus unserm Straßenbild verschwinden wird: Es ist an der Zeit, sich Gedanken über Alternativen zu machen. Und richtig eingesetzt - etwa als Busse, Lieferwagen oder Kleinwagen mit geringer Reichweite für Pendler - können auch Elektro-Autos ihren Beitrag für eine klimafreundlichere Zukunft leisten.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 26.06.2019 um 22:00 Uhr auf BR.