Das Versprechen
2016
Das Versprechen (internationaler Titel: The Promise) ist ein deutscher Dokumentarfilm von Marcus Vetter und Karin Steinberger. Der Film thematisiert den Fall von Derek und Nancy Haysom, die am 30. März 1985 in ihrem Haus in Boonsboro im US-Bundesstaat Virginia, brutal ermordet wurden. Im Mittelpunkt stehen die beiden Verurteilten Jens Söring und Elizabeth Haysom. Am Ende des umstrittenen Prozesses wurde Söring wegen Mordes zu zweimal lebenslänglich und Haysom wegen Anstiftung zum Mord zu zweimal 45 Jahren Haft verurteilt.
Der Film hatte seine Premiere am 24. Juni 2016 beim Filmfest München in der Reihe Neues Deutsches Kino.[1] Der Film kam am 27. Oktober 2016 in die deutschen Kinos[2] und erschien im Mai 2017 auf DVD.
In ihrem Dokumentarfilm »Das Versprechen« gehen Filmemacher Marcus Vetter und die Journalistin Karin Steinberger auf die Suche nach der Wahrheit hinter der Realtität. Real ist, dass der Deutsche Jens Söring seit über 30 Jahren in den USA in einem Gefängnis sitzt. Real ist auch, dass er als junger Mann einen Doppelmord an den Eltern seiner damaligen Freundin zugab. Doch was ist wahr? Der Film entrollt eine True-Crime-Story und ist doch viel mehr »als nur eine Story« über ein Verbrechen. »Das Versprechen« ist auch ein Versprechen an Jens Söring - dass seine Geschichte gehört und er nicht vergessen wird.
Es ist ein Verbrechen aus Leidenschaft, wie es Hollywood nicht besser hätte erfinden können: Ein blutiger Doppelmord in den USA an einem reichen kanadischen Ehepaar; zwei in sexueller Obsession verbundene Verdächtige, die von Amerika nach Europa fliehen und schließlich in England verhaftet werden, wo einer von ihnen, ein junger Deutscher, die alleinige Schuld übernehmen wird. 18 Jahre alt ist Jens Söring, als er den Fehler begeht, der sein Leben und das von allen, die ihn lieben, zerstören wird. Söring will Elizabeth, Tochter des ermordeten Paares, beschützen. Jens vermutet: sie ist die Täterin. Aber er ist jung, blind vor Liebe und, wie er fast ein halbes Menschenalter später sagen wird, überfordert davon, das erste Mal in seinem Leben ein Problem alleine lösen zu müssen.
Söring gesteht, den Doppelmord begangen zu haben. Doch kaum hat er das getan, will Elizabeth, die Frau, die ihn bis eben noch zu lieben vorgab, nichts mehr von ihm wissen. Eiskaltes Kalkül scheint die Triebfeder ihres Planes zu sein. Es folgen zwei spektakuläre Schauprozesse im US-Bundesstaat Virginia inklusive einem aggressiven Staatsanwalt, einem unerfahrenen Verteidiger, mit verschwundenen Zeugen und ignorierten Entlastungsbeweisen. Am Ende sitzen beide hinter Gittern, der Todesstrafe nur knapp entkommen, aber weggesperrt für den Rest ihres Lebens.
Das ist Stoff für einen Thriller und man kann sich leicht die Bilder vorstellen, die entstanden wären, hätte Hollywood diese Story übernommen und nicht der deutsche Dokumentarfilmer Marcus Vetter, der mit »Das Versprechen« einen dokumentarischen Thriller gedreht hat, der nicht der Spannung, sondern der Suche nach der Wahrheit verpflichtet ist. Aber diese Suche ist dennoch ungemein packend, elektrisierend und auch niederschmetternd. Nach der Premiere beim Münchner Filmfest ist der 117 Minuten lange Dokumentarfilm (mitproduziert vom SWR und gefördert von der MFG Filmförderung) nun in den Kinos gestartet. Bis zuletzt hat der Regisseur selbst den Schnitt an der internationalen Produktion durchgeführt – für die BBC entstand unter anderem ein 170 Minuten langer Zweiteiler, für Schweden ein Dreiteiler und für England soll eine bis zu zehn Teile lange Webserie produziert werden.
Um es angesichts eines solchen internationalen Interesses an dieser Stelle noch einmal zu sagen: »Das Versprechen« ist ein Dokumentarfilm, kein fiktiver, starbesetzter Thriller. Vielleicht hätte in einem Spielfilm Michael Douglas jenen alternden Polizisten gespielt, den seine Zweifel an der Schuld von Jens Söring nicht ruhen lassen. Oder Harvey Keitel den FBI-Agenten, der behauptet, sein verschwundenes Täterprofil hätte Söring entlasten können. Doch bei Marcus Vetter (u.a. »Herz von Jenin«, »The Forecaster«, »Der Chefankläger«) ist es ein echter Ermittler von damals, eine ehemalige stellvertretende Generalstaatsanwältin, ein Gefängnisseelsorger oder auch ein Privatdetektiv, die ihre Zweifel sammeln, ausbreiten und in die Kamera sprechen. Es sind keine Schauspieler, es ist kein Script, es ist das wahre Leben, wenn da einer sagt: »Irgendetwas stimmt nicht an diesem Fall.« Und wenn eine juristische Expertin über den seit mehr als 30 Jahren eingesperrten Deutschen sagt: »Er ist unschuldig.«
Ein Dokumentarfilm zeigt die Realität – das, was ist. Aber wie wahr ist eine Realität, wenn die Wahrheit hinter 30 Jahren Gefängnis verborgen ist, wenn der Blick auf das, was war, mit Aktenordnern, Lügengespinsten und Ermittlungspannen verbaut ist? Marcus Vetter und seine Ko-Autorin Karin Steinberger entblättern diesen Fall mit Akribie und Vorsicht. Sie lassen sich Zeit, fassen den Stoff mit vorsichtigen, tastenden Fingern wie einen Rosenzweig an. Fast scheint es, sie befürchten, eine vergiftete Dorne würde die Geschichte verderben. Doch diese zurückhaltende, aber zugleich ungemein vielschichtige Montage – unterstützt von einer in jeder Sekunde stimmigen Musik- und Klangcollage – ist wie ein langsames Zurückschreiten durch die Zeit. Vorbei an den Schwaden des Vergessens, die sich in drei Jahrzehnten über diesen Fall gelegt haben. Im Zentrum Spurensuche steht ein einziges Interview mit Jens Söring. Es gibt dem Fall eine neue, politische Wendung und holt ihn ins hier und heute. Denn dieser Fall ist eben nicht beendet.
In »Das Versprechen« vereint Marcus Vetter handwerkliches Können beim Erzählen einer Geschichte mit einer nie ins Spekulative abdriftenden Recherche. Es ist ein Triumph für den Dokumentarfilm. »Die Geschichten kommen zu mir«, hat Vetter kürzlich auf die Frage geantwortet, wie er seine Stoffe findet. Was für ein Glück, dass ihn diese Story fand und dass sie nicht auf dem Weg ins Kino die falsche Abzweigung nahm. Nicht Vetter bleibt uns das Happy end schuldig – die Wahrheit ist es, die es Jens Söring schuldet.
Kinostart: | 27.10.2016 in Deutschland 24.06.2016 in Filmfest München | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
weitere Titel: |
| ||||||||||
Genre: | Dokumentarfilm, Kriminalfilm | ||||||||||
Herstellungsland: | Deutschland, Vereinigtes Königreich, Niederlande, Schweden, Dänemark, Vereinigte Staaten | ||||||||||
Originalsprache: | Englisch, Deutsch | ||||||||||
Farbe: | Farbe | ||||||||||
IMDB: | 1624 | ||||||||||
Verleih: | Hulu | ||||||||||
Offizielle Webseite: | das-versprechen.de |
Regie: | Marcus Vetter | |
Karin Steinberger | ||
Drehbuch: | Marcus Vetter | |
Karin Steinberger | ||
Kamera: | Georg Zengerling | |
Schnitt: | Michele Gentile | |
Marcus Vetter | ||
Patrick Wilfert | ||
Musik: | Michele Gentile | |
Produzent: | Albert Kitzler | |
Marcus Vetter | ||
Darsteller: | Jens Söring | |
Imogen Poots | ||
Daniel Brühl |
Wenn Sie diese Daten spenden möchten, dann wenden Sie sich gerne an uns.
Rezensionen:
2017 | Nuremberg Film Festival "Turkey-Germany" Öngören Prize | Gewinner |
2017 | Vukovar Film Festival Golden Barge Best Documentary | Gewinner |
2016 | Accolade Competition Award of Merit Documentary Feature | Gewinner |