Evangelikale - Mit Gott an die Macht (3/3)

Gott über allem?

Quelle: ARD-Pressebild
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Am 6. Januar 2021 stürmte ein aufgeheizter Mob das Washingtoner Kapitol, drang in das Repräsentantenhaus ein und betete. Die Bilder schockierten Beobachter auf der ganzen Welt, waren aber die Konsequenz einer extrem polarisierten Stimmung, die Donald Trump im Verlauf seiner Präsidentschaft geschürt hatte. Nie zuvor war die Verbindung zwischen Religion und Politik so offensichtlich wie in seiner Amtszeit, in der sich ein christlicher Nationalismus ungebremst entfalten konnte.
In den vier Jahren der Trump-Regierung verschärften die von ihm unter evangelikalem Einfluss getroffenen Entscheidungen die Spannungen und Verwerfungen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft. Nur wenige Monate nach seinem Einzug ins Weiße Haus erkannte Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels an. Dieser symbolträchtige Schritt war das Ergebnis geheimer Verhandlungen seiner evangelikalen Ratgeber und verlieh dem Präsidenten eine fast biblische Statur.
Der radikalste Teil seiner Wählerschaft stützt sich auf eine „Prophezeiung“ aus der Heiligen Schrift und ist fest von einer baldigen Rückkehr Christi überzeugt - im Heiligen Land! Diese messianische Hoffnung lässt die palästinensische Frage völlig außer Acht und setzt auf eine massive Finanzierung der israelischen Siedler, die sich die Gunst der Stunde zunutze machen. Was diese Umtriebe so beunruhigend macht, ist ihr Schauplatz, der seit Jahrzehnten als Pulverfass gilt.
2021 rang sich die von der Entwicklung offenbar überforderte Weltweite Evangelische Allianz dazu durch, den Aufstieg des christlichen Nationalismus und den Schulterschluss mit rechtsextremen Parteien zu verurteilen. Was jedoch den Wertekanon angeht, bleibt das Erbe Trumps und seiner evangelikalen Gefolgschaft besorgniserregend. Während ein Teil seiner Wähler sich - abgeschreckt durch diverse Auswüchse - von ihm abgewandt hat, haben viele noch immer Vertrauen in seinen ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence. Als „evangelikaler Thronfolger“ im Weißen Haus kann er sich Chancen für 2024 ausrechnen und bandelt bereits heimlich mit der extremen Rechten in Europa an. Vor allem aber wurden drei ultrakonservative Richter am Obersten Gerichtshof der USA ernannt. Dies führte bereits dazu, dass das Recht auf Abtreibung gekippt wurde, und lässt mit Blick auf die Zukunft das Schlimmste befürchten.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 19.04.2023 um 10:45 Uhr auf arte.

19.04.2023
10:45
Livestream
Alternative Ausstrahlungstermine:
19.04.2023 10:45 Uhr arte
04.04.2023 22:00 Uhr arte