Von Dakar nach Dschibuti. Große Beute für das Musée de l'Homme

Frankreich 2020

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

1931 begeben sich sechs junge Ethnografen unter der Leitung von Michel Griaule auf eine Expedition, die sie zwei Jahre durch Afrika führen wird. Einer von ihnen ist der Schriftsteller Michel Leiris. Auf einer Reise von Dakar bis Dschibuti horten sie Hunderte Objekte für die Sammlungen des Pariser Musée d'Ethnographie.
Im Kontakt mit der lokalen Bevölkerung wollen sie mehr über den „afrikanischen Menschen“ herausfinden. Griaule und Leiris haben unterschiedliche Beweggründe für ihre Reise: Für Griaule steht die Mission im Mittelpunkt, Leiris ist aus dem mondänen Paris geflohen, um sich auf einem „wilden“ Kontinent selbst zu finden.
In seinem Reisetagebuch beschreibt Leiris die vermeintliche Logik hinter dem Diebstahl bestimmter heiliger Objekte und offenbart sich selbst als Mittäter. Nachdem er „Phantom Afrika“ veröffentlicht hat und die Hintergründe der Expedition Publik werden, kommt es zum Zerwürfnis zwischen ihm und Griaule.
Am 16. Mai 1931 begeben sich sechs junge Ethnografen - einer von ihnen ist der Schriftsteller Michel Leiris - auf eine Expedition. Zwei Jahre werden sie unter der Leitung von Michel Griaule von Dakar bis Dschibuti quer durch Afrika reisen. Sie wollen neue ethnografische Methoden testen und so der Ethnologie zum Status einer modernen und humanistischen Wissenschaft verhelfen. Außerdem suchen sie Objekte, die die Sammlungen des Pariser Musée d'Ethnographie vervollständigen sollen. Zum Studium des „afrikanischen Menschen“, seiner Lebensweisen, Traditionen und Religionen verfolgen sie ein präzises Programm.
Griaule leitet die Mission nach militärischen, juristischen und medizinischen Prinzipien. Hunderte von Akten begleiten die nach Frankreich überführten Gegenstände. Die gestohlenen Objekte sind „Beweisstücke“, deren „Zusammenführung noch aufschlussreichere und sicherere Archive bildet als die Schriftarchive“. Am Ende bringt die Gruppe von rituellen Masken bis zum handgefertigten Schloss 3.600 Gegenstände nach Frankreich. Hinzu kommen 60 Quadratmeter Wandmalereien, 300 äthiopische Manuskripte, 3.000 Fotografien, 3.600 Meter Filmrollen, 200 Tonaufnahmen, Zeichnungen, 15.000 Akten zur ethnografischen Dokumentation und - für die Anthropologie-Abteilung - 70 Schädelknochen und Gebeine sowie 1.000 Porträts von „Ureinwohnern“.
Auf der Reise führte Michel Leiris ein Tagebuch, das 1934 unter dem Titel „Phantom Afrika“ veröffentlicht wurde. Darin beschreibt er in persönlichen und lebendigen Bildern das Geschehen und umreißt die Grenzen für ein derartiges wissenschaftliches Unterfangen in einem kolonialen Kontext. Aus subjektiver Perspektive blickt er auf die Ethnografie und das Zusammentreffen mit anderen Kulturen. Außerdem beschreibt und beklagt er als Mittäter die Einschüchterungen und das räuberische Vorgehen beim Beschaffen der Objekte. Marcel Griaule sollte ihm die Veröffentlichung dieses Reisetagebuchs nicht verzeihen.
90 Jahre später zeigt sich, wie sehr Europa vom Diebstahl dieser Gegenstände, die bald in die westliche Kultur integriert wurden, profitierte. In den betroffenen Ländern hinterließ ihr massenhafter Verlust und ihre lange Abwesenheit mindestens ebenso bedeutende Folgeschäden, die jedoch nur schwer zu bemessen sind. Zerstörung und Sammlung sind zwei Seiten derselben Medaille.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 16.03.2023 um 02:10 Uhr auf arte.

16.03.2023
02:10
Livestream
Alternative Ausstrahlungstermine:
16.03.2023 02:10 Uhr arte