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Normandie - Mont St. Michel und Calvados

Steile Klippen, geschützte Buchten, breite Sandstrände: Es ist schwer zu sagen, welcher Ort in der Normandie der schönste ist. Die spektakulären Felsenbögen von Étretat gehören auf alle Fälle dazu. Der Maler Claude Monet verewigte sie in seinen berühmten Bildern. Serge Bruny dagegen verflucht den Ort nicht selten. Er ist der Chef der Équipe de terrain, der Greenkeeper des Golfplatzes, der sich oberhalb der Steilküste um die Felsen windet. Meersalz, Feuchtigkeit, Wind und Möwen beanspruchen den Platz mindestens genauso wie Golftrainer Julien Macret. Er animiert seine Schüler dazu, den Platz beherzt "umzupflügen". Wenn Serge und seine Kollegen am 18. Loch gerade fertig sind, können sie bei Loch eins gleich wieder anfangen.
Die Abtei auf dem Mont-Saint-Michel ist seit Jahrhunderten die berühmteste Pilgerstätte Frankreichs. Doch trotz der Mönche ist auf dem Granitfels im Ärmelkanal von Besinnlichkeit nur noch wenig zu spüren. Die Pilger der Neuzeit sind Touristen. Jährlich suchen drei Millionen Menschen die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählende Insel heim. Dafür wurde einst auch die umliegende Bucht geopfert: für einen Damm, über den die Besucher anreisen und an dessen Fuße Tausende Autos abgestellt werden.
Nun soll alles wieder werden wie früher. Für 200 Millionen Euro hat Frankreich ein großes Umbauprojekt gestartet: Mit einem Staudamm wird bei Flut das Wasser zurückgehalten. Die zigtausend Liter sollen bei Ebbe die mittlerweile völlig versandete Bucht frei spülen. Schleusenwärter Jean-Alexandre Corollere lacht: "Prinzip Klospülung". Mit seinen Kollegen überwacht er diesen Vorgang. Die Männer sind froh, dass sie von ihrem Staudamm aus den etwa einen Kilometer entfernten Mont-Saint-Michel in Ruhe betrachten können.
Deutlich entspannter geht es auf den Chauseyinseln zu. Bei Flut besteht das verwunschene Archipel aus über 50 winzigen Inseln, nur eine davon ist bewohnt; bei Ebbe sollen es 365 sein. "Hat noch keiner gezählt", murmelt Fréderic Legrand, genannt Frédo. Der knorrige Hummerfischer kennt hier jeden Felsen. 69 Jahre ist er alt, der Bauch kugelrund, die Lunge rasselt. Obwohl er schon Rentner ist, zieht er frühmorgens seine "Casiers" - Hummerfallen - aus den Meerestiefen, alles von Hand, vier Stunden täglich. Seine Frau Odile lebt schon seit den 1970er-Jahren auf dem Festland. Frédo liebt seine Freiheit. Aber wenn Odile sonntags von Granville mit der Fähre zu ihm kommt, dann geht es rund. Odile mischt mit Schlapphut und Sonnenbrille nicht nur ihren Frédo, sondern die ganzen Inseln auf. Sie wähnt hinter jeder Ecke eine "Sirene", die ihren Frédo "verführen" könnte, fotografiert den Gatten unablässig beim Bootsausflug und schimpft ihn einen Banausen in der Küche - dabei immer herzerwärmend charmant.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 31.10.2021 um 14:30 Uhr auf Radio Bremen TV.