Die große Literatour

Joseph Roths Russland

Joseph Roth wurde am 2. September 1894 im ostgalizischen Brody geboren, das heute zur Ukraine gehört. Als Roth hier aufwuchs, war Galizien eine autonome Provinz der Habsburger Monarchie.
Sechseinhalb Millionen Menschen lebten hier: Polen, Deutsche, Armenier, Ungarn und Ukrainer. Für seine Reportagen reist Joseph Roth über Polen in die noch junge Sowjetunion. Zunächst in seine galizische Heimat, dann über die Wolga nach Astrachan und Baku. Und natürlich nach Moskau und Sankt Petersburg. Überall nimmt er den sowjetischen Alltag unter die Lupe, seine Berichte sind scharfsinnig, voller sanfter Ironie.
So beglückt er die Leser mit einer kleinen Geschichte über Gott, der durch die Trennung von Staat und Kirche quasi arbeitslos geworden ist. Mit großem Respekt beschreibt Joseph Roth die Anstrengungen zur Industrialisierung, aber er spürt auch Prüderie und Verspießerung. Die anfängliche Faszination weicht schnell der Desillusionierung.
Roth ist als neugierig Hoffender aufgebrochen, als ernüchterter Chronist kehrt er zurück. Nach der Reise gelingt ihm sein Durchbruch als Romancier: Seine bedeutendsten literarischen Werke wie "Hiob" oder "Radetzkymarsch" erscheinen. Am Morgen des 30. Januar 1933 reist er nach Paris. Auf dem Bahnhof erfährt er von der Machtergreifung der Faschisten. Roth wählt das Exil. Bei gutem Wetter sitzt er auf der Terrasse des Café Tournon. Dort schreibt er sein letztes Werk: "Die Legende vom heiligen Trinker". Eine Novelle über das friedvolle Ableben eines obdachlosen Alkoholikers. Roth stirbt in Paris am 27. Mai 1939 mit 44 Jahren.
Der Film begibt sich auf die Spuren von berühmten Reiseschriftstellern.
Er folgt ihren Reisen nach und sieht die Länder aus ihren Blickwinkeln. Eine literarische Zeitreise, die auf einzigartige Weise Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschränkt.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 05.08.2021 um 07:30 Uhr auf HR.