Tatra, Funken, scharfe Kurven - Halles Straßenbahngeschichte

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Millimeter um Millimeter wird ein alter Triebwagen im Straßenbahnmuseum von Halle auf sein Fahrgestell gehoben, die sogenannte "Hochzeit". Der historische "Kirchenfensterwagen" von 1926 war einst in Gotha gefertigt worden und wird nun vom Verein "Hallesche Straßenbahnfreunde e.V." liebevoll saniert. Auch an einem Zug der sächsischen "Kirnitzschtalbahn" wird gearbeitet, soll doch auch sie im Sommer als fahrendes Denkmal auf Halles Gleisen für Aufmerksamkeit sorgen. Das Glanzstück des Vereins ist die älteste noch funktionsfähige Straßenbahn Europas von 1894, der Wagen "4".
"Auf unseren Triebwagen 4 sind wir besonders stolz!", sagt Harald Mey, Vorsitzender der Halleschen Straßenbahnfreunde e.V. "Mit einem solchen Fahrzeug wurde 1891 in Halle das erste elektrische Straßenbahnnetz Europas eröffnet. Einige Jahrzehnte hat er als Hühnerschuppen in einer Kleingartenanlage gestanden. Durch unsere Mitglieder wurde er wieder flott gemacht."
1891, vor 130 Jahren, geht in Halle das erste elektrische Straßenbahn-Netz Europas in Betrieb. Es ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Einige Jahre später folgen andere Städte dem Beispiel der Saalestadt nach: 1893 Dresden, 1894 Erfurt, 1896 Leipzig und 1899 Magdeburg. Doch Halles Straßenbahn, im Volksmund liebevoll "Bimmel" genannt, kann noch mit anderen Superlativen aufwarten. 1902 wird das elektrische Streckennetz bis Merseburg und ab 1971 als Linie 5 bis nach Bad Dürrenberg erweitert. Mit 31 Kilometern ist das die längste Straßenbahnlinie der DDR. Noch bis in die 1980er Jahre werden auf der Linie 5 nicht nur Fahrgäste, sondern auch zweimal täglich die "Waren des täglichen Bedarfs" transportiert: Tapeten und Fassbier, Kindernahrung und Zigaretten, Kondensmilch und Drogeriewaren.
Das ist natürlich längst Geschichte, doch zuverlässig wie eh und je rollt die Legende bis heute - bald auch gesteuert von der jüngsten Straßenbahnfahrerin der Saalestadt. "Mein Vater arbeitet bei der Halleschen Straßenbahn und so wusste ich schon ziemlich früh, was auf mich zukommt. Man muss nicht nur die große Technik gut beherrschen, sondern oft auch sehr früh raus. Trotzdem - für mich ist es der Traumberuf!", sagt Carolin Knittel, Auszubildende der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG).
Der Film von Tom Kühne und Steffi Lischke begibt sich auf eine unterhaltsame Entdeckungsreise durch 130 Jahre Straßenbahngeschichte des Ostens. Zeitzeugen erinnern sich, wie die ersten Tatra-Straßenbahnen nach Halle kamen und wie im Katastrophenwinter 1978/79 unter schwierigsten Bedingungen die Gleise freigehalten wurden.
Das MDR-Team schaut sich um in einer der modernsten Leitstellen Deutschlands, in der der Straßenbahnverkehr heute von einer Frau überwacht wird, und ist auf der legendären Überlandlinie 5 nach Bad Dürrenberg unterwegs.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 12.05.2021 um 01:50 Uhr auf MDR.

12.05.2021
01:50
Livestream
Alternative Ausstrahlungstermine:
12.05.2021 01:50 Uhr MDR
11.05.2021 21:00 Uhr MDR