corona nachgehakt

Langzeitfolgen - welchen Weg nimmt das Virus im Körper?

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Die Leiterin des Instituts für Pathologie am Uniklinikum RWTH-Aachen Prof. Ruth Knüchel-Clarke im Gespräch bei corona nachgehakt. Im neuen phoenix-Format "corona nachgehakt" stellen Wissenschaftler und Ärzte neueste Forschungsergebnisse vor. In jeder Ausgabe des 15-minütigen Formats geht es im Gespräch mit Wissenschaftlern und Medizinern aus allen Fachbereichen um einen bestimmten Aspekt des Virus.

Moderation: Julia Grimm


In Deutschland haben sich laut Angaben des Robert-Koch-Institutes (Stand: 26.06.20) rund 192.500 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. Die meisten, rund 182.000 Menschen, haben die Infektion überwunden und gelten als Corona-negativ.

Viele von ihnen haben die Krankheit unbeschadet überstanden, doch insbesondere Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf können Langzeitschäden davontragen. Dennoch sei insgesamt wenig über Spät- und Langzeitfolgen einer Infektion mit dem Virus bekannt, so der Generelsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Peter Berlit.

Bei rund 80 Prozent der Infizierten lässt sich ein milder Krankheitsverlauf beobachten. Viele würden sich recht schnell wieder fit fühlen. "Die meisten Patienten haben uns danach auch berichtet, dass sie wieder komplett belastbar waren", so Matthias Kochanek, Oberarzt am Universitätsklinikum Köln. Geschmacks- und Riechveränderungen seien bei den milden Krankheitsverläufen jedoch nicht auszuschließen, diese können wochenlang andauen und sind ein Indiz dafür, dass der Virus das Nervensystem angreift. Ob dies schwerwiegendere Auswirkungen für das Gehirn bedeuten kann, ist derzeit noch unbekannt. Inwiefern wirkt sich eine künstliche Beatmung auf Langzeitfolgen aus?

Bei den restlichen 20 Prozent handelt es sich um Erkrankungen mit einem heftigeren Verlauf, sie müssen im Krankenhaus behandelt werden. Wenn ein kleiner Schlauch die Atemnot der Patienten nicht ausreichend lindert, benötigen manche sogar eine künstlichen Beatmung.

Da Covid-19 zu einer Einschränkung der Lungenfunktion führen kann, ist bei manchen Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf eine Beatmung über einen Schlauch in der Luftröhre notwendig. Diese Intubation, für die der Patient in ein künstliches Koma versetzt wird, birgt Risiken. Denn je länger eine solche Beatmung dauert, desto mehr der zum Atmen benötigten Muskeln bauen sich ab. Besonders bei älteren Menschen ist der vollständige Wiederaufbau dieser Muskeln schwierig. Restsymptome, wie ein vermindertes Lungenvolumen seien zu erwarten, so der Mediziner Sven Gläser vom Vivantes-Klinikum Neukölln.

Weitere Risiken entstehen durch Überdruck und den in der Beatmungsluft enthaltenden Sauerstoff, durch welche das Lungengewebe irreparabel geschädigt werden kann. Dies betrifft auch andere Organe. Zudem bergen die Schläuche zusätzlich zur Viruserkrankung das Risiko einer bakteriellen Infektion in der Lunge.

Bei einigen Patienten äußerten sich außerdem neurologische Erkrankungen. Es handelt sich dabei um Schädigungen im Gehirn, Enzephalopathien genannt. "Das drückt sich in Unruhe und Verwirrtheit aus, auch die Leistung des Gedächtnisses kann beeinträchtigt sein", äußerte Berlit.

Zusätzlich wurden bei Covid-19-Erkrankten vermehrt Entzündungen in den Blutgefäßen nachgewiesen. Diese führen zu Gerinselbildungen und können die Blutversorgung abschneiden. Mögliche Folgen Sind Nierenversagen, Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Ob auch epileptische Anfälle zu den potentiellen Konsequenzen gehören, ist derzeit noch unklar, jedoch durchaus denkbar, so Berlit.

Generell ist aber wenig über Spät- und Langzeitfolgen einer Corona-Infektion bekannt, da die Erkrankung "jung" sei, habe man erste Erkenntnisse über mögliche neurologische Folgen erst in den vergangenen Wochen gesammelt.

Je weiter die Pandemie voranschreitet, desto mehr Informationen!

Die Sendung wird ausgestrahlt am Montag, den 06.07.2020 um 11:15 Uhr auf phoenix.