Historische Ereignisse

Flucht aus der DDR

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Nach dem Zweiten Weltkrieg entfernten sich DDR und BRD immer weiter voneinander, die Werte beider Länder entsprachen sehr unterschiedlichen Vorstellungen. Ab 1961 war die DDR durch die Berliner Mauer dann auch territorial endültig abgegrenzt. Eine Ausreise wurde so gut wie unmöglich, die Flucht vor dem DDR-Regime konnte tötlich enden. Viele verloren durch Selbstschussanlagen oder den sogenannten "Schießbefehl" ihr Leben. In "Historische Ereignisse" erzählen Überlebende, aber auch ehemalige Grenzsoldaten von ihren Erfahrungen.

* "Flucht in die Freiheit (1/2) - Mit dem Mut der Verzweiflung" - Film von Jörg Müllner

Sie sprangen über Stacheldraht, fälschten Pässe, riskierten ihr Leben im Todesstreifen, kaperten U-Bahnen - einer stahl sogar einen Panzerwagen, um die Mauer zu überwinden. Nachdem das SED-Regime in der Nacht zum 13. August 1961 in Berlin die Sektorengrenzen zum Westen geschlossen hatte, versuchten Tausende Menschen die Absperrungen zu überwinden und in den Westen zu fliehen. Zwanzig Jahre nach Fall der Mauer widmet das ZDF einigen besonders bewegenden Flüchtlingsschicksalen eine zweiteilige Dokumentation.
Fluchttunnel galten in den ersten Jahren nach dem Mauerbau als vermeintlich sicherster Weg, um in den Westen zu gelangen. Zwischen 1961 und 1964 herrschte in Berlin eine regelrechte "Tunnelkonjunktur". Dutzende unterirdische Gänge wurden von West nach Ost und Ost nach West durch den Boden getrieben. Doch für viele wurde dieser Fluchtweg zum Verhängnis: "Tunnelgräber" galten in der DDR als Staatsfeinde, auf sie wurde Jagd gemacht. In einer erst kürzlich entdeckten "Tunnelkartei" des Ost-Berliner Ministeriums für Staatssicherheit sind über 200 Versuche dokumentiert, die Mauer zu unterlaufen - nur 19 waren erfolgreich. Die Stasi war erstaunlich gut informiert über die unterirdischen Aktivitäten. Die Akten belegen, mit welchem Aufwand, aber auch mit welcher Gewalt DDR-Grenztruppen und die Staatssicherheit die zahlreichen Tunnelgräber verfolgten. Dennoch gelangten insgesamt über 250 DDR-Bürger unter der Erde "nach drüben".
Über 28 Jahre lang war die Mauer das Symbol der deutschen Teilung. Sie kostete Hunderte von Fluchtwilligen das Leben. Was brachte die Menschen dazu, alles aufs Spiel setzten, ihre Freunde und Heimat über Nacht zu verlassen? Wie planten sie ihre Fluchten? Wie gelang es ihnen, die tödlichen Sperranlagen zu überwinden? Was wusste die DDR-Staatssicherheit? Die erste Folge der zweiteiligen Dokumentation "Flucht in die Freiheit" berichtet, wie mutige Menschen in Berlin ihr Leben riskierten, um der Diktatur zu entrinnen, zeigt, wie ihre Versuche glückten oder scheiterten.

* "Flucht in die Freiheit (2/2) - Mit allen Mitteln" - Film von Oliver Halmburger

Mit jeder geglückten Flucht wurden die Schlupflöcher in den DDR-Grenzanlagen beseitigt. Der Ausbau der Mauer wurde bis ins Wahnhafte perfektioniert - in den 70er Jahren setzte die DDR so genannte Selbstschussanlagen ein. Den "anti-imperialistischen Schutzwall" ließ sie sich einiges kosten: Rund eine Milliarde Ost-Mark flossen jährlich allein in die Instandhaltung der circa 1400 Kilometer langen innerdeutschen Grenze. Dennoch suchten immer wieder mutige Menschen nach neuen Wegen, das ausgeklügelte Grenzsystem der DDR zu überlisten.
Mit einem selbstgebauten Heißluftballon planen die Familien Strelzyk und Wetzel ihr Flucht in die Freiheit. Die Vorbereitungen dauern Monate. Am 3. Juli 1979 misslingt der erste Versuch. Nur zweihundert Meter vor dem Todesstreifen bleibt der Ballon in den Bäumen hängen. Erst Tage später entdecken ihn die Grenztruppen. Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Spur die Stasi zu den Fluchtwilligen führt.
Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Tag und Nacht nähen die Familien Strelzyk und Wetzel an einem neuen, größeren Ballon. Am 16. September 1979 wagen sie den zweiten Versuch. Doch auch dieses Mal läuft nicht alles nach Plan. Der Ballon reißt, der Gasbrenner setzt aus. Die Grenzer entdecken den Ballon und erbitten um Schießbefehl aus Berlin. Doch als der eintrifft, ist der Ballon bereits mit Bruchlandung im Westen angekommen. Die Flucht im selbst genähten Heißluftballon sorgt weltweit für Schlagzeilen. 1981 wird sie in Hollywood verfilmt.
Auch die jungen Ostberliner Hobby-Surfer Karsten Klünder und Dirk Deckert wollen die Bevormundungen, Bespitzelungen und Gängeleien in der DDR nicht länger ertragen. Frei reisen, segeln und surfen - davon träumen sie. Heimlich besorgen sie sich aus dem Westen Konstruktionspläne so genannter "Fun-Boards": Surfbretter, die auch bei starkem Sturm noch zu fahren sind.
Im November 1986, als die Herbststürme über das Land fegen, wagen sie das schier Unmögliche: Flucht quer über die Ostsee, 70 Kilometer von Rügen über Hiddensee nach Dänemark. Doch noch in der Brandung reißt sich Dirk Deckert ein Loch in den Neoprenanzug. Die Überfahrt in eiskaltem Wasser ohne ausreichenden Schutz gleicht einem Selbstmordversuch. Er entscheidet sich umzudrehen, den Anzug zu reparieren und es am nächsten Tag erneut zu versuchen.
Karsten Klünder gelingt die riskante Flucht auf dem Surfbrett auf Anhieb. Mit dänischen Fischern sucht er nach seinem Freund und kann ihn einen Tag später erschöpft aus dem Wasser ziehen.
Den Brüdern Ingo, Holger und Egbert Bethke gelingt es gleich dreimal, den Todesstreifen zu überwinden.1975 paddelt Ingo Bethke in einer Nacht- und Nebelaktion mit einer Luftmatratze über die Elbe in die Freiheit. Acht Jahre später verhilft er seinem Bruder Holger in einer atemberaubenden Fluchtaktion mit einer selbstgebauten Seilbahnkonstruktion in den Westen.
Im Mai 1989, nur wenige Monate vor dem Fall der Mauer, setzen die Bethke-Brüder ihrer Fluchtserie die Krone auf: Ingo und Holger holen ihren Bruder Egbert mit zwei Ultraleichtflugzeugen aus Ost-Berlin heraus. Ihre Flucht dokumentieren sie auf Video. "Vor lauter Freude und Erregung habe ich mich wirklich auf die Knie begeben und habe den Boden geküsst und habe gesagt 'Gott sei Dank, es hat geklappt!'", erinnert sich Egbert Bethke an die Landung vor dem Berliner Reichstagsgebäude.
"Flucht in die Freiheit - Mit allen Mitteln" erzählt die packenden Geschichten der Frauen und Männer, die alles riskierten, um endlich frei zu sein. Ihnen gelang die Flucht aus der DDR. Doch rund 1300 Menschen hat die deutsch-deutsche Grenze in den 28 Jahren ihres Bestehens das Leben gekostet. Über 130 davon starben an der Berliner Mauer.

* "Tödliche Grenze - Der Schütze und sein Opfer" - Film von Volker Schmidt-Sondermann

Im Dezember 1979 endet die Flucht von zwei fünfzehnjährigen Schülern aus der DDR an der innerdeutschen Grenze bei Sorge im Harz tragisch. Heiko Runge stirbt durch einen Schuss in den Rücken, Uwe Fleischhauer wird festgenommen. Er, der überlebte, hat sich nun dazu durchgerungen, zum ersten Mal vor einer Kamera über das damals Geschehene zu sprechen.
Auch ehemalige Grenzsoldaten brechen in dem Film zum ersten Mal ihr Schweigen. Die Stasi vertuschte den Zwischenfall damals, um einen öffentlichen Skandal, der das internationale Ansehen der DDR weiter beschädigen könnte, zu verhindern. Ein umfassender Maßnahmenplan wurde ausgearbeitet, Urkunden gefälscht, Akten manipuliert und Zeugenaussagen frisiert.
Auch die Mutter des erschossenen Jungen wurde eingeschüchtert und die Beerdigung ihres Sohnes Heiko musste geheim gehalten werden. Bis zum Ende der DDR kamen mindestens 13 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bei Fluchtversuchen an der innerdeutschen Grenze ums Leben. Heiko Runges Geschichte steht exemplarisch für diese Fälle. Doch auch diese Frage stellt sich: Wie war es möglich, dass aus unbescholtenen jungen DDR-Bürgern, die ihren Grundwe
hrdienst an der Grenze verrichteten, Todesschützen wurden?

* "Ende einer Flucht - Die unbekannten Toten von Junak" - Film von Paul Tutsek und Dieter Roser

Mit ein paar Knochen an einem Baum nahe der bulgarisch-griechischen Grenze beginnt eine beklemmende Spurensuche: Recherchen ergeben, dass es menschliche Überreste sind. Waren es etwa DDR-Flüchtlinge, die hier erschossen wurden? Bis der Eiserne Vorhang fiel, sollen an der Grenze Bulgariens zum Westen immer wieder DDR-Bürger gestorben sein, so wird geschätzt. Wer waren sie? Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls zeigt die story ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 26.02.2017 um 14:00 Uhr auf Phoenix.