Exil Deutschland - Abschied von der Türkei

Ein FIlm von Katja Deiß und Can Dündar

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Seit September 2016 lebt der türkische Autor und Journalist Can Dündar im Exil. In seinem Film erzählt er zusammen mit der deutschen Journalistin Katja Deiß exklusiv und persönlich, was es bedeutet, allein in einem fremden Land zu leben, fern von der Heimat, getrennt von der Familie. Obwohl in Deutschland die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei lebt, erwächst daraus kein Heimatgefühl für die Exilanten, sondern eher eine Gefährdung. Denn Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in der deutsch-türkischen Gemeinde prozentual mehr Unterstützer als in der Türkei.


Seit September 2016 lebt der türkische Autor und Journalist Can Dündar im Exil. In seinem Film erzählt er zusammen mit der deutschen Journalistin Katja Deiß exklusiv und persönlich, was es bedeutet, allein in einem fremden Land zu leben, fern von der Heimat, getrennt von der Familie. Obwohl in Deutschland die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei lebt, erwächst daraus kein Heimatgefühl für die Exilanten, sondern eher eine Gefährdung.

Denn Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in der deutsch-türkischen Gemeinde prozentual mehr Unterstützer als in der Türkei. Dass die deutsche Politik die türkischen Flüchtlinge willkommen heißt, provozierte den türkischen Präsidenten so sehr, dass er Nazivergleiche bemühte und Deutschland vorwarf, Terroristen zu beherbergen. Für Can Dündar bedeutet das: Er ist auch in Deutschland nicht sicher, er erhält massive Drohungen und lebt deswegen zeitweise unter Personen- und Polizeischutz. Can Dündar und Katja Deiß begegnen in der Story Menschen, die aus der Türkei fliehen mussten, um der drohenden Verhaftung zu entgehen.

Die oppositionelle Wissenschaftlerin Latife Akyüz wurde von den staatlich gelenkten Medien als Terroristin denunziert, weil sie gegen Menschenrechtsverletzungen in den türkischen Kurdengebieten protestierte. Es folgte eine Lynchkampagne von Nationalisten. Am Ende sagten sich Freunde von ihr los. Sie bekam Berufs- und Ausreiseverbot und musste ihr Land auf geheimen Fluchtwegen verlassen. "In diese Lage sind wir gekommen, weil die Menschen geschwiegen haben", erzählt sie, "keiner hat sich getraut, was zu sagen."

Der kurdische Bürgermeister Orhan Sansal musste seine Heimat und seine Familie zurücklassen, nachdem er seines Wahlamtes enthoben und durch einen staatlichen Verwalter ersetzt worden war. Exklusiv berichtet Orhan Sansal von den Kriegsverbrechen, die türkische Soldaten in der Stadt Suruç begingen. In Deutschland ist er durch türkische Nationalisten so gefährdet, dass er nicht ohne Schutz auf die Straße gehen kann. So sehr setzt ihm die Einsamkeit zu, dass er manchmal wünscht, lieber in die Türkei zurück und ins Gefängnis zu gehen.

Dem Regisseur Mustafa Altioklar wurde in seiner Heimat nicht nur der Prozess wegen Beleidigung Erdogans gemacht, sondern auch jede Arbeitsmöglichkeit geraubt. Während die Demokratie in seiner Heimat Tag für Tag schwächer wird, führt Can Dündar seinen Kampf jetzt aus der Ferne weiter. Dabei unterstützt ihn der Journalist Hayko Bagdat, der mit seiner Familie einen Neuanfang in Deutschland sucht. "Die Türkei ist dabei, eine Diktatur zu werden. Das ist ein Witz", sagt er fassungslos.

Katja Deiß versuchte, ein Journalistenvisum für die Türkei zu bekommen, um auch über das Schicksal von jenen Kollegen und Freunden Can Dündars berichten zu können, die die Türkei bisher nicht verlassen konnten - vergeblich. Aber ein mutiges türkisches Kamerateam begleitete heimlich die Ehefrau von Musa Kart bei einem Besuch in Silivri. In dem riesigen Gefängniskomplex sitzt der Karikaturist der oppositionellen Tageszeitung "Cumhuriyet" schon seit Monaten in Einzelhaft. Es gebe keinen Flecken im Land, wo mehr Intellektuelle versammelt seien als im Gefängnis von Silivri, sagen die Menschen in der Türkei hinter vorgehaltener Hand. Und so sind es vor allem Akademiker, Journalisten, Künstler und Lehrer, die jetzt nach Deutschland flüchten.

Die Türkei vertreibt ihre geistige Elite. "Nicht wir haben die Türkei verlassen, die Türkei hat uns verlassen", beschreibt Can Dündar die Stimmung der Exilanten. "Exil Deutschland - Abschied von der Türkei" zeigt, in welch dramatischem Zustand sich die Zivilgesellschaft der Türkei befindet und welch brachiale Veränderung das für Tausende Menschen bedeutet, die entweder ihre Heimat verlassen müssen oder zum Schweigen verdammt sind.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 17.01.2019 um 23:15 Uhr auf HR.

17.01.2019
23:15
Livestream
Audio-Format:stereo
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Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: nein
Hörhilfe: ja
HDTV: ja
Logo-Event: nein
VPS:1547763300
Schlagwörter:Dokumentation/Reportage, Deutschland, Türkei, Menschen im Alltag
Alternative Ausstrahlungstermine:
29.10.2019 23:35 Uhr arte
17.01.2019 23:15 Uhr HR
28.09.2017 23:15 Uhr HR
11.07.2017 21:15 Uhr arte