Nostalgia de la luz – Heimweh nach den Sternen

2010

Nostalgia for the Light (Spanish: Nostalgia de la luz) is a 2010 documentary film by Patricio Guzmán to address the lasting impacts of Augusto Pinochet's dictatorship.[2] Guzmán focuses on the similarities between astronomers researching humanity's past, in an astronomical sense, and the struggle of many Chilean women who still search, after decades, for the remains of their relatives executed during the dictatorship. Patricio Guzmán narrates the documentary himself and the documentary includes interviews and commentary from those affected and from astronomers and archeologists.

As a filmmaker Patricio Guzmán's filmography has focused mostly on the political and social issues that have plagued Chile. He explored Chile under Salvador Allende and his government (Salvador Allende, 2004), and Pinochet's dictatorship and his human rights abuses (See Batalla de Chile (The Battle of Chile trilogy, 1975-1979), Le cas Pinochet [The Pinochet Case], 2001) and others. The latter film deals more so with the aftermath of those human rights abuses.

Quelle: Wikipedia(englisch)
Rezension zu Nostalgia de la luz – Heimweh nach den Sternen

"Das Universum ist Leben. Auch die Vergangenheit ist Leben. Wer sich der Vergangenheit widmet, der gibt sich dem Leben hin und lässt die Toten weiter leben." Mit diesen Worten kommentiert der chilenische Regisseur Patricio Guzmán ("Salvador Allende") eine Kernaussage seines neuen Filmes "Heimweh nach den Sternen" ("Nostalgia de la Luz"). Jutta Krug (WDR-Redaktion Dokumentarfilm) führte für dokumentarfilm.info dieses Interview.

Patricio, in Deinem Film "Heimweh nach den Sternen" spielt die Astronomie eine große Rolle. Bist Du selbst ein leidenschaftlicher Sternegucker? 

Als Jugendlicher bin ich Hobby-Astronom geworden. Ich erinnere mich, dass es mit einem Besuch im Observatorium von Santiago angefangen hat. Ich war mit einem Freund eines Abends dort, um zum ersten Mal den Sternenhimmel zu studieren. Ich war wohl 13 oder 14 Jahre alt. Seitdem hat mich die Astronomie nicht mehr los gelassen. Ich habe viele Fachartikel gelesen, aber auch Science Fiction Romane. Ich liebe die Sterne. Egal, wo ich bin, schaue ich mir immer den Sternenhimmel an. Schade, dass man hier in Leipzig so gut wie nichts sieht wegen der großen Helligkeit durch die Lichter der Stadt.

Wie hatte denn alles angefangen, als Du die Ideen für Deinen neuen Film entwickelt hast, mit dem das Leipziger Dokumentarfilm-Festival eröffnet wurde? Nicht nur die Astronomie, auch die Archäologie spielt ja eine große Rolle.

Ausgangspunkt für den Film war für mich die Atacama-Wüste. Ich wollte einen Film über diese Wüste machen, über all das, was dort zu finden ist. Da ist nicht einfach nur eine intellektuelle Drehbuch-Kapriole oder ein theoretisches Konstrukt. Atacama beinhaltet alles:  Dort sind die größten Teleskope der Welt, außerdem die Salpeter-Minen, genauso wie prähistorische Piktogramme, es gibt dort Mumien und auch die Knochen der während der Diktatur Verschwundenen. Die Wüste selbst erzeugt die Metapher – nicht ich als Regisseur!

Und so habe ich für den Film verschiedene Wege beschritten, folge bestimmten Linienführungen und musste dann einfach nur diese Linien miteinander kreuzen: Ein Astronom bewegt sich auf der Erzählebene der Astronomie, die Angehörigen der „desaparecidos“, der Verschleppten, leben in ihrer eigenen Welt und ich habe diese beiden Bereiche zusammen gebracht. Mehr habe ich nicht getan. Alles war schon da.

Ganz wichtig in Deinem Film ist am Ende eine junge Frau, die auf einer der Sternwarten arbeitet. Sie ist die Tochter von einem Ehepaar, das während der Diktatur ermordet wurde. Bei ihr kreuzen sich dann alle Erzählstränge...

Sie erklärt, dass sie in den Sternen eine ganz bestimmte Energie sieht, - Atome sterben nicht – für sie leben ihre Eltern an irgendeinem Punkt des Universums weiter. Das Universum ist Leben. Auch die Vergangenheit ist Leben. Wer sich der Vergangenheit widmet, der gibt sich dem Leben hin und lässt die Toten weiter leben.

Warum war es so schwierig, das Filmprojekt zu finanzieren? Außer dem WDR hat sich kaum ein anderer Sender zu einer Koproduktion bereit erklärt.

Ich glaube, dass sich das Fernsehen in einer Krise befindet. Viele Redakteure haben das Potential meines Projekts im Exposé nicht erkannt. Sie waren misstrauisch und fragten, soll es nun ein philosophischer Film werden, ein metaphysischer? Wollen Sie jetzt die Opfer der Diktatur über die Metaphysik suchen? Sie hatten kein Vertrauen in meine filmische Umsetzung. Noch schlimmer ist, dass sie mir jetzt, wo der Film fertig ist, sagen: Der ist ja wirklich gut geworden, aber er passt in keine unserer Schubladen. Das ist so, als würden Sie einem Künstler sagen, Deine Bilder sind toll, aber im Museum haben wir keinen Raum dafür.  Das ist doch wirklich die Höhe – einfach absurd!

Es gibt wohl zu viel Angst vor ungewöhnlichen Sichtweisen! Aber wie kann denn das Genre des Dokumentarfilms voran gebracht werden, wenn nicht durch Risikobereitschaft?

Ich bin davon überzeugt, dass wir neue Herangehensweisen suchen müssen. Es gilt zum Beispiel, auch die Wissenschaft stärker zu integrieren. Das tun Dokumentarfilme derzeit kaum. Wir müssen die Grenzen der filmischen und poetischen Ausdrucksformen ausloten, sonst treten wir auf der Stelle und wiederholen einfach nur die immer gleichen Rezepte. 

Jedenfalls entsprach Dein Filmprojekt "Heimweh nach den Sternen" nicht dem, wofür Du bekannt bist. Es fällt aus dem Rahmen. Das sorgte vielleicht für Irritationen?

Es stimmt nicht ganz, dass mein neuer Film nichts mit meinem Gesamtwerk zu tun hat. Nehmen wir "La Cruz del Sur". Da geht es um Religiosität in Lateinamerika. Es geht um Poesie und Spiritualität in der Religion, es ist ein Film mit sehr viel Atmosphäre, den aber leider nur sehr wenige kennen. Beide Filme haben viel gemeinsam.
Ich werde ausschließlich als politischer Filmemacher gesehen. Man verbindet mich immer mit Filmen zu Pinochet, Allende und zur Unidad Popular. Viele wollen, dass ich immer das Gleiche mache. Das ist wirklich ein Problem. Es ist wie mit einem Fußball-Team, das plötzlich einen anderen Stil pflegt. Das wollen die Leute nicht. Vor allem Leute, die sich selbst als sehr politisch verstehen, können ihn nicht gut einordnen.

Aber wie siehst Du selbst den Stellenwert Deines neuen Filmes? Welche Rolle spielt er in Deinem Gesamtwerk?

Mir ist dieser Film sehr wichtig. Ich habe eine neue Tür aufgemacht. Von Zeit zu Zeit muss man sich neu erfinden und etwas wagen, anschließend kann ich dann auch wieder Cinema direct machen. Ich glaube, dieser Film ist das Ergebnis einer ganz bestimmten Reflexion. Der Film entstand zunächst komplett am Schreibtisch bei mir zu Hause. Ich habe anfangs sehr viel Zeit in das Konzept investiert. Als ich dann in die Wüste gefahren bin, wusste ich genau, wonach ich suche. Ich habe dann auch die Personen gefunden, die meine Ideen tragen würden. Ohne sie hätte ich den Film nicht gemacht.

Der Film beginnt mit Kindheitserinnerungen. Es ist Dein Zuhause von damals zu sehen. Bist Du wirklich in das Haus Deiner Großmutter zurückgekehrt?

Leider steht das nicht mehr. Aber ich habe ein Haus gesucht, in dem noch heute die gleichen Möbel stehen, die gleichen Bilder hängen. Ich habe es auf dem Land gefunden. Dort vergeht die Zeit ohnehin langsamer. Weißt Du eigentlich, dass die Zeit in Guatemala oder in Peru langsamer verrinnt als in Chile – an manchen Orten läuft die Zeit sehr schnell, an anderen ganz langsam.

 

Wie blickst Du zurück auf die Allende-Jahre?

Ich war ein Anhänger Allendes. Persönlich habe ich ihn nie kennen gelernt, ich hab ihm nie die Hand geschüttelt. Ich war damals einfach wahnsinnig jung. Wenn ich ihn damals mit meinem Kamerateam um einen Interview-Termin gebeten hätte, wäre das sicher abgelehnt worden, denn wir wirkten wie ein Amateurteam. Interviews gab Allende damals den großen Korrespondenten aus Italien, den USA, aus Kanada. Von diesen Interviews spricht heute keiner mehr. Aber das, was wir damals mit dem kleinen Kamerateam gedreht haben – das ist geblieben und hat bis heute Gültigkeit. Wir haben das gefilmt, was normalerweise nicht sichtbar ist. Es ging uns nicht um die Folklore. 

Nehmen wir mal die verschütteten Bergleute. Ich glaube, dass man über sie in drei oder vier Jahren einen Film machen muss, nicht jetzt gleich auf die Schnelle. Dann erst wird sich zeigen, ob die Regierung das versprochene Geld bezahlt, ob sich die Sicherheitsbedingungen in den Bergwerken verbessern werden. Im  Moment sehen nur Versprechungen im Raum. In drei oder vier Jahren muss man fragen, was ist aus diesen Bergleuten geworden. Haben sie ihr Leben zu einer Show gemacht? Positiv an dem Unglück war jedenfalls, dass es die Chilenen zusammengeführt hat, dass ein kollektives, nationales Momentum entstanden ist, vergleichbar vielleicht mit einem Sieg in einem Fußballturnier. Letztlich wurde das Grubenunglück aber von politischer Seite stark instrumentalisiert, und das hat mir daran ganz und gar nicht gefallen.

Wie steht es derzeit um das Dokumentarfilm-Schaffen in Chile allgemein? Hier in Leipzig sind in der Industry Section sehr viele junge Produzenten vertreten, die ihre Projekte vorstellen und Partner für internationale Koproduktionen suchen. Auch auf anderen internationalen Festivals machen sie auf sich aufmerksam, in Amsterdam oder Nyon. Es tut sich also sehr viel, oder?

Vor 15 Jahren habe ich mit ein paar jungen Leuten das Dokumentarfilm-Festival von Santiago gegründet. Das war ein sehr wichtiger Schritt. Während der Militärdiktatur war das Dokumentarfilm-Schaffen komplett lahmgelegt. Fast zwanzig Jahre lang gab es keine Dok-Film-Vorführungen; niemand kannte die großen Dokfilmer der internationalen Szene. Das Festival, das ich ins Leben gerufen habe, brachte neue Talente aus dem Ausland nach Santiago, wie z.B. Nicolas Philibert („Haben und Sein“), Hubert Sauper („Darwin´s Nightmare“) oder auch die Russen wie Victor Kossakowski. Unser Hauptpreis bei unserem Festival, den Frankreich gestiftet hat, ist übrigens eine Einladung zu einem anderen internationalen Festival, damit chilenische Regisseure die Filme aus dem Ausland kennen lernen. Drei Jahre nach Gründung des Festivals entstand dann eine „Chilenische Dokumentarfilm- Vereinigung“ und so fing auch die Regierung an, Geld dafür auszugeben.

Das Festival in Santiago hat also sehr viel dazu beigetragen, dass das Genre des Dokumentarfilms in Chile nicht dem Vergessen anheim fällt. Heute gibt es in Santiago sechs Filmschulen. Auch sie pflegen das Genre. Jedenfalls ist der Dokumentarfilm in unserem Land heute fest verwurzelt – anders als in anderen Ländern: In Peru, in Bolivien, Venezuela  und zum Teil auch in Kolumbien ist er fast völlig verschwunden. 

Wie geht es weiter mit "Heimweh nach den Sternen"?

Der Film wird in wenigen Tagen mit 25 Kopien in Frankreich im Kino starten, in Deutschland dann am 23. Dezember.  
Seine Weltpremiere hatte er bei den Filmfestspielen in Cannes als Sélection officielle und wurde von den Kritikern sehr positiv aufgenommen. Aber auch das Publikum mag den Film – in Brüssel, Toronto und Biarritz hat er den Publikumspreis erhalten. Manche sagen, es sei ein elitärer Film, aber im Grunde ist er doch sehr einfach und jeder kann ihn verstehen. Im Moment geht er noch weiter auf Festivaltour, wird in San Francisco, Los Angeles, Miami gezeigt. Ich komme gerade aus  Abu Dhabi, wo er im Wettbewerb des neuen Festivals dort lief. Dann geht es weiter nach Kanada, Brasilien, Argentinien und Chile.  In Europa kann man ihn neben Deutschland und Frankreich auch in der Schweiz, in Belgien und in Italien sehen. Der Film wird seinen Weg machen. Davon bin ich überzeugt.

weiterlesen
Kinostart:14.05.2010
23.12.2010 in Deutschland
weitere Titel:
Nostalgie de la lumière
Nostalgia for the Light
Nostalgia de la luz
Nostalgia della luce
光のノスタルジア
دلتنگی برای نورfa
Lysets nostalgi
Nostalgia de la luz – Heimweh nach den Sternen
Genre:Dokumentarfilm
Herstellungsland:Frankreich, Chile
Originalsprache:Englisch, Spanisch
Farbe:Farbe
Verleih:iTunes
Regie:Patricio Guzmán
Drehbuch:Patricio Guzmán
Kamera:Katell Djian
Schnitt:Patricio Guzmán
Produzent:Patricio Guzmán
Darsteller:Patricio Guzmán
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