Das Venedig Prinzip
2012Postkartenmotiv und Touristenmekka: Um den ganzen Wahnsinn der Lagunenstadt Venedig zu zeigen, braucht der Film keine drei Minuten und nur einen einzigen, altbekannten Filmtrick - die Manipulation der Zeit. In Windeseile rangieren Busse, tippeln Menschen, fahren die Gondeln. Venedig im Touristensturm. Jeden Tag kommen so viele Menschen in die Stadt, wie hier Einheimische leben: 60.000 sind es nur noch, die sich den Irrsinn leisten können und wollen. Genau um diese alten Venezianer dreht sich Andreas Pirschlers Dokumentarfilm, den Filmtank produziert hat.
»Früher hat die Saison sechs Monate im Jahr gedauert, heute sind es zwölf - und manchmal auch 13«, sagt ein Einwohner von Venedig. Der Wahnsinn hat ganz eindeutig Methode in dieser Stadt, in der die »Gondeln Trauer tragen«. Auch die Verklärung durch Bücher und Filme - unvergessen: »Venedig sehen und sterben« - hat dazu beigetragen, dass Venedig heute eines der begehrtesten europäischen Reiseziele ist. Die Bewohner der Stadt und die Stadt selbst leiden darunter - auch wenn die Touristen Geld in die Kassen spülen.
Besser kann man den Wahnsinn, der sich tagtäglich über die Stadt legt, wohl nicht beschreiben, als es Andreas Pichler in seinem Film gelungen ist. Der Regisseur sucht die Kontraste: hier die Stille in einer einsamen Gasse, dort der Berg aus Stahl, den man Kreuzfahrtschiff nennt, wie er sich durch die Lagune zwängt. Er stößt auch auf Unstimmigkeiten: hier die Klage über den alles zerstörenden Touristenstrom, dort die Hausbesitzerin, die es sich gerade der Touristen wegen noch leisten kann, in Venedig zu leben.
Antworten auf die Frage, ob und wie Venedig zu retten sei, hat Pichler keine. Der Film endet mit wenig Hoffnung: Bis zum Jahr 2013 soll Venedig keine Einwohner mehr haben. Die Lagunenstadt stirbt - irgendwann wird sie unter Wasser gedrückt. Oder sie wird irgendwann von ihren Einwohnern aufgegeben, die sich die hohen Quadratmeterpreise nicht mehr leisten können. Dann wird Venedig ein Freilichtmuseum sein. Ein Disneyland zwischen Dogenpalast, Karnevals und Gondoliere. Von Kultur keine Spur, aber die Kreuszfahrtschiffe werden dennoch weiter kommen.
Kinostart: | 06.12.2012 in Deutschland | ||||
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Genre: | Dokumentarfilm | ||||
Herstellungsland: | Deutschland, Österreich, Italien | ||||
Originalsprache: | Italienisch, Deutsch | ||||
IMDB: | 161 | ||||
Offizielle Webseite: | venedigprinzip.de |
Regie: | Andreas Pichler | |
Drehbuch: | Andreas Pichler |
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Rezensionen:
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2014 | Open City Docs Fest Best City Film Best City Film | Gewinner |
2013 | CinemAmbiente - Environmental Film Festival Best Italian Documentary Italian documentaries | Nominiert |