Black Box BRD

2001

Black Box BRD ist ein vielfach ausgezeichneter Kino-Dokumentarfilm von Regisseur Andres Veiel, der im Mai 2001 in die Kinos kam und seitdem mehr als 20 Mal im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Außerdem veröffentlichte der Regisseur ein Sachbuch unter dem gleichen Titel, das über den Film hinaus ergänzende Rechercheergebnisse enthält.

Quelle: Wikipedia(deutsch)
Rezension zu Black Box BRD
0

Die Biografie eines deutschen Bankmanagers der eines jungen RAF-Terroristen gegenüberzustellen – dazu gehörte ungeheurer Mut. Dieser filmische Ansatz, den der gebürtige Stuttgarter Filmemacher Andres Veiel für »Black Box BRD« wählte, war mehr als nur ein Stilmittel. Er stand für die Zerrissenheit der bundesdeutschen Gesellschaft. Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank, ermordet im Herbst 1989 bei einem Anschlag in Bad Homburg; Wolfgang Grams, Mitglied der Rote Armee Fraktion, erschossen
im Sommer 1993 beim Versuch der Festnahme in Bad Kleinen. Beide Männer stehen für feindliche Lager einer polarisierten Gesellschaft. Andres Veiel ist es mit seinem 2001 erschienenen Dokumentarfilm »Black Box BRD« gelungen, die Unterschiede und die Verbindungen im Leben der beiden Männer herauszuarbeiten. Bei seinem Erscheinen war er der erfolgreichste Kino-Dokumentarfilm – und ist bis heute einer der wichtigsten.

In den Biografien von Herrhausen und Grams spiegeln sich die Entwicklung und die Widersprüchlichkeit unserer Gesellschaft. Andres Veiel gelingt es, mit psychologischem Feingefühl das Schwarzweiß-Denken zu überwinden und die Motive seiner Protagonisten nachvollziehbar zu machen. Herrhausen ist nicht nur der eiskalte Banker, der auf einer NS-Eliteschule ausgebildet wurde und dann eine Bilderbuchkarriere startet. Er setzt sich für die Entschuldung der sogenannten Dritten Welt ein, kann sich aber damit in der Deutschen Bank nicht durchsetzen. Als er die Bank radikal reformieren will, kommt es zum Eklat. Zwei Tage später, am 30. November 1989, fällt er einem RAF-Attentat zum Opfer. Ähnliches findet sich auch in der Biografie von Wolfgang Grams, unbedingter Idealismus, ein kompromissloses Vorgehen und eine zunehmende Vereinsamung.

Mit dem Thema Terrorismus beschäftigte sich Andres Veiel immer wieder. Schon in seinem persönlichsten Film »Die Überlebenden« (1996) über seine Schulklasse, spielten die RAF-Prozesse in Stammheim eine Rolle. Auch sein Buchprojekt »1968. Bildspur eines Jahres« steht in diesem Zusammenhang. Nachdem viele der Beteiligten nicht vor der Kamera auftreten wollten, fiel die Entscheidung, die Vorgeschichte der RAF 2011 in seinem Spielfilm »Wer wenn nicht wir« zu erzählen. 

»Black Box BRD« ist ein gutes Beispiel für eine ausgefeilte Dramaturgie, die sich um 2000 auch im deutschen Dokumentarfilm durchsetzte.  Veiel ist ein vehementer Verfechter, die Grenze zwischen Spiel- und Dokumentarfilm einzureißen. Nicht nur die Dogma-Bewegung sorgte dafür, dass im Spielfilm immer öfter dokumentarische Elemente auftauchten und eine authentische Ästhetik die Glaubwürdigkeit fiktionaler Geschichten erhöhte. Der Dokumentarfilm schaute sich vom Spielfilm dramaturgische
Elemente ab. Bei Dokville 2009 erläuterte Veiel diesen Annäherungsprozess: »Das inszenatorische Tuning zielt darauf
ab, eine handlungsgetriebene Dramaturgie aufzubauen. Gelingt es mir, als Macher den Zuschauer zu verführen, habe ich erst einmal gewonnen.«

In »Black Box BRD« gibt es inszenierte Momente wie die Interviews mit der Witwe von Alfred Herrhausen, die perfekt mitgespielt hat. Was den Unterschied zwischen Spiel- und Dokumentarfilm gerade im Umgang mit den Protagonisten ausmacht, erläutert Veiel selbst an anderer Stelle in diesem Buch (siehe Seite 55). Der Mut des Filmemachers wurde belohnt - unter anderem mit dem Deutschen und dem Europäischen Dokumentarfilmpreis, mit vielen Zuschauern im Kino und inzwischen bald zwei Dutzend Wiederholungen im Fernsehen. Der Film ist aus der Dokumentarfilmgeschichte der letzten 25 Jahre nicht wegzudenken.

weiterlesen
Rezension zu Black Box BRD
Thomas Schneider
Dr. Kay Hoffmann
Filmpublizist und wissenschaftlicher Leiter im Haus des Dokumentarfilms

Die Biografie eines deutschen Bankmanagers der eines jungen RAF-Terroristen gegenüberzustellen – dazu gehörte ungeheurer Mut. Dieser filmische Ansatz, den der gebürtige Stuttgarter Filmemacher Andres Veiel für »Black Box BRD« wählte, war mehr als nur ein Stilmittel. Er stand für die Zerrissenheit der bundesdeutschen Gesellschaft. Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank, ermordet im Herbst 1989 bei einem Anschlag in Bad Homburg; Wolfgang Grams, Mitglied der Rote Armee Fraktion, erschossen
im Sommer 1993 beim Versuch der Festnahme in Bad Kleinen. Beide Männer stehen für feindliche Lager einer polarisierten Gesellschaft. Andres Veiel ist es mit seinem 2001 erschienenen Dokumentarfilm »Black Box BRD« gelungen, die Unterschiede und die Verbindungen im Leben der beiden Männer herauszuarbeiten. Bei seinem Erscheinen war er der erfolgreichste Kino-Dokumentarfilm – und ist bis heute einer der wichtigsten.

In den Biografien von Herrhausen und Grams spiegeln sich die Entwicklung und die Widersprüchlichkeit unserer Gesellschaft. Andres Veiel gelingt es, mit psychologischem Feingefühl das Schwarzweiß-Denken zu überwinden und die Motive seiner Protagonisten nachvollziehbar zu machen. Herrhausen ist nicht nur der eiskalte Banker, der auf einer NS-Eliteschule ausgebildet wurde und dann eine Bilderbuchkarriere startet. Er setzt sich für die Entschuldung der sogenannten Dritten Welt ein, kann sich aber damit in der Deutschen Bank nicht durchsetzen. Als er die Bank radikal reformieren will, kommt es zum Eklat. Zwei Tage später, am 30. November 1989, fällt er einem RAF-Attentat zum Opfer. Ähnliches findet sich auch in der Biografie von Wolfgang Grams, unbedingter Idealismus, ein kompromissloses Vorgehen und eine zunehmende Vereinsamung.

Mit dem Thema Terrorismus beschäftigte sich Andres Veiel immer wieder. Schon in seinem persönlichsten Film »Die Überlebenden« (1996) über seine Schulklasse, spielten die RAF-Prozesse in Stammheim eine Rolle. Auch sein Buchprojekt »1968. Bildspur eines Jahres« steht in diesem Zusammenhang. Nachdem viele der Beteiligten nicht vor der Kamera auftreten wollten, fiel die Entscheidung, die Vorgeschichte der RAF 2011 in seinem Spielfilm »Wer wenn nicht wir« zu erzählen. 

»Black Box BRD« ist ein gutes Beispiel für eine ausgefeilte Dramaturgie, die sich um 2000 auch im deutschen Dokumentarfilm durchsetzte.  Veiel ist ein vehementer Verfechter, die Grenze zwischen Spiel- und Dokumentarfilm einzureißen. Nicht nur die Dogma-Bewegung sorgte dafür, dass im Spielfilm immer öfter dokumentarische Elemente auftauchten und eine authentische Ästhetik die Glaubwürdigkeit fiktionaler Geschichten erhöhte. Der Dokumentarfilm schaute sich vom Spielfilm dramaturgische
Elemente ab. Bei Dokville 2009 erläuterte Veiel diesen Annäherungsprozess: »Das inszenatorische Tuning zielt darauf
ab, eine handlungsgetriebene Dramaturgie aufzubauen. Gelingt es mir, als Macher den Zuschauer zu verführen, habe ich erst einmal gewonnen.«

In »Black Box BRD« gibt es inszenierte Momente wie die Interviews mit der Witwe von Alfred Herrhausen, die perfekt mitgespielt hat. Was den Unterschied zwischen Spiel- und Dokumentarfilm gerade im Umgang mit den Protagonisten ausmacht, erläutert Veiel selbst an anderer Stelle in diesem Buch (siehe Seite 55). Der Mut des Filmemachers wurde belohnt - unter anderem mit dem Deutschen und dem Europäischen Dokumentarfilmpreis, mit vielen Zuschauern im Kino und inzwischen bald zwei Dutzend Wiederholungen im Fernsehen. Der Film ist aus der Dokumentarfilmgeschichte der letzten 25 Jahre nicht wegzudenken.

weiterlesen
Kinostart:24.05.2001 in Deutschland
weitere Titel:
Black Box BRD de-ch en-ca en-gb
블랙박스 BRDko
ব্ল্যাক বক্স বিআরডিbn
Genre:Dokumentarfilm, Filmbiografie
Herstellungsland:Deutschland
Originalsprache:Deutsch
Farbe:Farbe
IMDB: 505
Verleih:Warner Bros. Home Entertainment
Offizielle Webseite:www.black-box-brd.de
Regie:Andres Veiel
Drehbuch:Andres Veiel
Kamera:Jörg Jeshel
Schnitt:Katja Dringenberg
Musik:Jan Tilman Schade
Produzent:Thomas Kufus
Darsteller:Helmut Kohl
Es liegt kein Transcript zu diesem Film vor.
Wenn Sie diese Daten spenden möchten, dann wenden Sie sich gerne an uns.

Rezensionen:

2002
Bavarian Film Awards
Bavarian Film Award
Best Documentary (Dokumentarfilmpreis)
Gewinner
2002
German Camera Award
German Camera Award - Outstanding Editing - Honorable Mention
Documentary (Dokumentation/Kulturfilm)
Gewinner
2002
German Film Awards
Film Award in Gold
Best Documentary (Bester Dokumentarfilm)
Gewinner
2002
Santa Barbara International Film Festival
Insight Award
Gewinner
2002
German Camera Award
German Camera Award
Documentary (Dokumentation/Kulturfilm)
Nominiert
2001
European Film Awards
Best Documentary Award
Gewinner
2001
Hessian Film Award
Hessian Film Award
Documentary Film (Dokumentarfilm)
Gewinner
2001
European Film Awards
European Film Award
European Documentary
Gewinner
Datenstand: 07.05.2022 00:42:17Uhr