Damals in Ostpreußen (2/2)

Heimat und Verlust

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Die Jahreswende verbringt die 16-jährige Johanna Lask in ihrem Mädcheninternat im masurschen Rössel. Obwohl die Front auf Hörweite heranrückt, lässt der Schuldirektor nicht mit sich reden: Flucht vor den Russen ist kein Thema. Schließlich hat der NS-Gauleiter ein Fluchtverbot verhängt. Doch eines Morgens im Januar 1945 trauen Johanna und ihre Freundinnen ihren Augen nicht: die Internatsküche ist leer, das Personal verschwunden - und ihr Direktor hat sich heimlich abgesetzt.
Was nun folgt, ist die größte Massenflucht in der Geschichte. Mitte Januar hat die Rote Armee ihre langerwartete Offensive gegen Ostpreußen begonnen. Mehr als 1,5 Millionen Sowjetsoldaten überrollen das Land mit atemberaubender Wucht. Vor ihnen fliehen die Menschen in regelloser Panik an die Ostsee, zu verstopften Häfen und überfüllten Schiffen. Von 2,5 Millionen Ostpreußen sind 2 Millionen auf der Flucht. Hunderttausende sterben im Eis, im Geschützhagel, im Tieffliegerfeuer. Wer lebend zurückbleibt, muss sich einem neuen Überlebenskampf stellen.
Irmgard Schneiderat wird auf der Flucht von den Russen eingeholt und vergewaltigt. Die folgenden Jahre überlebt sie nur dank ihrer Tarnung: Mit kurzen Haaren und männlicher Kleidung gilt sie fortan als Junge. In Zwangsdiensten der Sowjets schlägt sie sich auf einer Sowchose als Kutscherjunge durch.
Schon 1945 ist der Untergang von Ostpreußen offiziell besiegelt. Das Land wird halbiert. Den Norden nehmen sich die Sowjets, den Süden bekommen die Polen. Neusiedler aus allen Teilen der Sowjetunion und Polens versuchen hier eine neue Heimat zu finden. Für die Deutschen ist kein Platz mehr. Sie werden in die Besatzungszonen nach Westen vertrieben. Nur ganz wenige bleiben trotzdem. Der junge Masure Erich Neumann ist allein in seinem Dorf Pustnik, seit 1945 die Mutter geflohen ist und der Vater von den Russen abgeholt wurde. Jahrelang quält ihn die Einsamkeit.
Doch dann hilft ihm sein polnischer Lehrer. Er verschafft ihm die Anschrift der Mutter, damit er ihr einen Brief schreibt. Tatsächlich findet Erichs Brief den Weg zur Mutter, und sie kehrt zu ihm zurück nach Masuren. Dort lebt Erich Neumann bis heute.
"Das ist meine Heimat. Ich bin hier geboren und zur Schule gegangen, habe eine deutsche Schule besucht und eine polnische. Eingesegnet wurde ich, und geheiratet hab ich. Und deswegen muss ich hier begraben werden. In Masuren."
Film von Florian Huber

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 19.02.2017 um 21:00 Uhr auf Phoenix.

19.02.2017
21:00
Livestream
Alternative Ausstrahlungstermine:
20.02.2017 19:15 Uhr Phoenix
19.02.2017 21:00 Uhr Phoenix