Deutsche Spuren in Russland - Von Zaren, Siedlern und Soldaten

Film von Bernd Reufels und Klaus Kastenholz

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Heino Ferch erzählt von Deutschen, die über Jahrhunderte hinweg Anteil an der Geschichte Russlands hatten. Von Katharina der Großen bis zum Ingenieur der Transsibirischen Eisenbahn. Schlagzeilen macht zurzeit eher die Rolle Moskaus auf der Krim oder in Syrien. Doch Russland steht auch für großartige Landschaften, Paläste, Folklore und Feierlaune. Weitgehend unbekannt dagegen ist, wie viele deutsche Spuren es dort zu entdecken gibt.
Tatsächlich haben viele Deutsche das Imperium zwischen Sibirien und dem Polarmeer mitgeprägt. Abenteurer, Glücksritter, Händler und Forscher haben Russland schon immer bereist. Und vor ziemlich genau 250 Jahren kam es förmlich zu einer deutsch-russischen Volksbewegung. Auslöser war eine Dame namens Sophie von Anhalt-Zerbst - heute nur mehr als "Katharina die Große" bekannt. Eine Deutsche, die es am Ende bis auf russischen Zarenthron schaffte - und bis heute die Fantasie von Historikern und Hollywood-Regisseuren beflügelt. Gemeinsam mit ihrer deutschen Nachfahrin Julia Katharina von Anhalt geht die Dokumentation auf Spurensuche im winterlichen St. Petersburg. Für viele Deutsche hatte die große Katharina 1673 ein verlockendes Angebot parat: "Kommt nach Russland und beackert die riesigen brach liegenden Gebiete meines Reichs - und schützt mich vor dem Angriff fremder Mächte." Mit einem so genannten "Manifest" rief sie die deutschen Bauern auf, ihr nach Russland zu folgen.
Zeitungen druckten den Aufruf ab, er wurde plakatiert und sogar in Kirchen ausgehängt. Das Versprechen: eigenes Ackerland, politische Selbstverwaltung, die ungehinderte Ausübung der Religion und sagenhafte 30 Jahre Steuerfreiheit! Dazu eine Anschubfinanzierung plus Reisegeld. Viele Deutsche sind bettelarm und träumen von einem besseren Leben ohne Hungersnot und Büttel. Zu Tausenden folgen sie dem Ruf der Zarin. Viele von ihnen zogen später sogar die Uniform des neuen Heimatlandes an. Als Napoleon Bonaparte 1812 seinen Russlandfeldzug startet, geschieht etwas historisch Einmaliges: Auf der einen Seite rekrutiert der Franzose fleißig Soldaten in Deutschland. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Deutsche, die im Dienst des Zaren Russland verteidigen sollen. So kämpfen auf russischem Boden Deutsche gegen Deutsche in der Schlacht von Borodino.
Und unter ihrem jetzigen Herrscher Putin eine mehr als ungewisse Zukunft auf der Weltbühne. Trotzdem steht Russland für viele auch immer noch für großartige Landschaften und Paläste und für eine Romantik, die sich in Liedern, Folklore und einer legendären Feierlaune ausdrückt. Viele Deutsche zieht es deshalb ungeachtet globaler Krisen oder politischer Konflikte vor allem wegen der grandiosen Natur nach Russland. Eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn ist ihr größter Traum. Ein paar Wochen Luxus auf Schienen, und draußen die endlose Landschaft. Was dabei kaum jemand bedenkt: Ohne einen beharrlichen Deutschen Ingenieur namens Witte gäbe es die Transsibirische Eisenbahn gar nicht.
Doch die auch die finsteren Kapitel gehören zu dieser Dokumentation. Deutsche haben Russen in zwei Weltkriegen Schreckliches angetan - und die Siegermacht Sowjetunion ging mit den Russlanddeutschen im Gegenzug hart ins Gericht. Welches Unheil den Erben der einst von Zarin Katharina ins Land geholten Bauern drohte, erzählt der Film am Beispiel einer langen Leidensgeschichte. Schon bald nach der Oktoberrevolution erlebt Russland die ersten Hungerjahre, und ausgerechnet zu dieser Zeit will Josef Stalin weg vom Bauern- hin zum Arbeiterstaat - Industrialisierung um jeden Preis. Aus Mangel an Arbeitskräften werden Millionen von Deutschstämmigen kurzerhand wegen angeblicher Untreue zum Regime oder Spionage verhaftet. Als Arbeitssklaven erleiden sie den Horror der "Gulags". Hungernd und frierend schuften sie sich in den weit abgelegenen Gefangenenlagern Sibiriens buchstäblich zu Tode. Als die UdSSR Jahrzehnte später die Ausreise deutschstämmiger Russen erlaubt, machen sich Millionen von ihnen auf den Weg in die Bundesrepublik. Nach Generationen kehren sie in das Land ihrer Ahnen zurück. Manchem bleibt Deutschland auf immer fremd. Andere treffen ihre einstigen Familien wieder oder fassen allein Fuß und finden in der alten eine neue Heimat.
Seit Katharina die Große ihre Landsleute in das magische Reich des Ostens rief, hat sich Russland gewandelt. Und selbst wenn unsere tägliche Aufmerksamkeit eher dem Umgang mit Oppositionellen und der aktuellen Rolle Russlands in der Ost-Ukraine oder in Syrien gehört, bleibt dieses riesige Land auch faszinierend - vielleicht gerade, weil die Entwicklung Russlands in den letzten Jahrhunderten so eng mit der deutschen Geschichte verknüpft ist.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 14.02.2017 um 20:15 Uhr auf Phoenix.