Auf verbotenen Pfaden

Kaffeeschmuggel in der Nachkriegszeit

Ungefähr zwei Drittel des Kaffees, der in den Jahren 1945 bis 1953 an Rhein und Ruhr getrunken wurde, war Schmugglerware. Zeitzeugen aus den einstigen Schmugglerdörfern in der Eifel sowie aus Aachen erinnern sich an die heimlichen Transaktionen. In den Dörfern entlang der belgischen Grenze war in den ersten Nachkriegsjahren fast jeder Einwohner ein bisschen kriminell: die einen schmuggelten den Kaffee, die anderen tranken ihn beim Kaffeekränzchen.
Wegen einer hohen Steuer war Kaffee in Deutschland bis 1953 fast drei Mal so teuer wie in Belgien, und mit Schmuggel konnte man in zwei Nächten mehr verdienen als mit normaler Arbeit in einem Monat. So brachten in der Not der Nachkriegszeit ganze Kolonnen Aachener Schulkinder regelmäßig Kaffee über die Grenze und trugen zum Lebensunterhalt ihrer Familien bei. Vom Krieg zerstörte Eifeldörfer wurden mit Geld aus dem Kaffeeschmuggel wieder aufgebaut, der Pfarrer forderte seinen Anteil für die Dorfkirche, und Mädchen aus dem Dorf verdienten sich mit Schmuggeln eine schöne Aussteuer.
Die Träger der Schmugglerkolonnen schleppten die gebrannten Bohnen auf dem Rücken nach Deutschland, andere transportierten den Rohkaffee gleich zentnerweise in so genannten "Kaffeekreuzern", umgebauten Lastwagen oder amerikanischen Straßenkreuzern, zu Röstereien im Rheinland, die den gebrannten Kaffee dann ganz normal in den Handel brachten.
Die Zöllner jagten die Schmugglerkolonnen mit scharfen Hunden und griffen auch zur Waffe. Tödliche Schüsse gegen Kleinschmuggler, die gerade mal ein paar Pfund Kaffee dabei hatten, empörten die Bevölkerung im Grenzgebiet. Die Kaffeekreuzer wurden mit Stahlplatten gegen Beschuss gesichert, so genannte Krähenfüße wurden verstreut, um Zollfahrzeuge abzuschütteln, und schließlich besorgten sich Schmuggler auch gepanzerte Spähwagen aus Militärbeständen, luden sie voll Kaffee und durchbrachen damit die Grenze.
1953 wurde die Sondersteuer auf Kaffee abgeschafft, von da an lohnte sich der Schmuggel nicht mehr.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 07.02.2017 um 02:15 Uhr auf Phoenix.