Die gefährlichsten Schulwege der Welt - Sibirien

Ein Film von Raphael Lauer

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Wenn der achtjährige Aljoscha mal wieder trödelt, sieht das Mutter Irina gar nicht gern, denn am kältesten bewohnten Ort der Welt kann das lebensgefährlich sein. Wer sich zu lange ungeschützt in der Kälte aufhält, läuft Gefahr, zu erfrieren. Bei durchschnittlichen Wintertemperaturen von minus 40 Grad Celsius wird im sibirischen Oimjakon alles Alltägliche zur Herausforderung. Und der tägliche Schulweg wird für die Kinder des 500-Seelen-Ortes zum Abenteuer. Denn Alioscha und seine Schulkameraden haben den kältesten Schulweg der Welt.
Morgens um sechs Uhr beginnt der Tag mit einem Blick auf das Thermometer: Zeigt es mehr als minus 54 Grad Celsius an, bereitet Mutter Irina ihren kleinen Alioscha für die Schule vor, ist es kälter, darf Alioscha noch ein bisschen liegen bleiben. Denn ab minus 54 Grad Celsius gibt es "kältefrei" für die Kinder in Oimjakon. Zuerst holt Irina Eisblöcke aus dem nahe gelegenen Fluss und schmilzt sie auf dem Herd, damit sich ihr Sohn den Schlaf aus den Augen waschen kann. Fließendes Wasser gibt es nicht im Haus, die Rohre würden bei den Temperaturen bersten. Den Wohnraum hat Mutter Irina auf etwa 20 Grad geheizt. Wenn Alioscha die Haustür nach draußen öffnet, um zur Schule zu gehen, ist es 70 Grad kälter.
Die Kälte bestimmt das ganze Leben in Oimjakon. Niemand weiß das besser als Gregori, der einzige Busfahrer des Dorfes. Ihm vertrauen viele Eltern allmorgendlich ihre Kinder an, er sammelt diejenigen ein, die außerhalb des Dorfes wohnen. Damit sein Bus bei diesen extremen Temperaturen überhaupt fährt, hat ihn Gregori besonders präpariert. Ein Motorausfall mit Schulkindern an Bord könnte fatal enden. Fast 50 Kinder warten entlang der Strecke auf den Bus. Genaue Abfahrtszeiten lassen sich nicht planen. Wer den Bus verpasst, muss umkehren - oder zu Fuß zur Schule gehen. Auch wenn die Kinder warm angezogen sind - vier Kleidungsschichten, darüber noch mal zwei Jacken, zwei Paar Handschuhe, ein dicker Schal und eine warme Pelzmütze - sind sie nach ein paar Minuten durchgefroren.
"Die gefährlichsten Schulwege der Welt" begleitet Aljoscha und seine Freunde im äußersten Osten Russlands - dort, wo der arktische Wind das Land in eine Kältekammer verwandelt. Wie gehen die Menschen mit diesen extremen Bedingungen um? Was treibt Kinder und Eltern an, jeden Morgen aufs Neue die Strapazen dieses gefährlichen Schulweges auf sich zu nehmen? Eingerahmt von beeindruckenden Naturaufnahmen ergeben die vielen kleinen und großen Geschichten entlang des Schulweges ein spektakuläres Bild des kältesten bewohnten Ortes der Welt, erzählt aus der Perspektive der wissenshungrigen Schulkinder.
Die Reihe "Die gefährlichsten Schulwege der Welt" taucht in die verschiedenen Kulturen der Welt ein. Die Serie dringt zu Menschen vor, die in noch völlig ursprünglichen und von der Zivilisation beinahe unentdeckten Landschaften leben und sich im Einklang mit ihnen befinden. Artenreichtum, extreme Wetterverhältnisse und die geografische Einzigartigkeit prägen die Landschaften und das Leben der dort ansässigen Menschen. Die Serie begleitet die Schulkinder der unterschiedlichen Regionen, beginnend in ihrem Lebensumfeld über den Schulweg bis in die unterschiedlichen Schulen. Klettern, balancieren, leiden: Alles für das eine Ziel - ein besseres Leben.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 12.02.2017 um 09:25 Uhr auf MDR.