Furusato

Wunde Heimat

Die Kleinstadt Minamisoma im Distrikt Fukushima war früher ein Surfer-Paradies. Dann, nach der Katastrophe von Fukushima, lag ein Teil der Stadt in der evakuierten 20-Kilometer-Sperrzone rund um den havarierten Atomreaktor. Die beiden anderen Stadtteile gelten trotz viel zu hoher Strahlenwerte als bewohnbar. Noch immer leben dort knapp 57.000 Menschen. Warum? "Furusato" bedeutet Heimat auf Japanisch, und so erzählt der Film von der ungewöhnlichen Beziehung zwischen einer Landschaft und ihren Bewohnern. Er gibt Einblick in die Seele von Menschen, die sich entschieden haben, ihre Heimat trotz der tödlichen Gefahr nicht zu verlassen.


Warum leben Menschen in einer Gegend, über die sie wissen, dass von ihr eine unsichtbare tödliche Gefahr ausgeht? Dieser Frage spürt der Filmemacher Thorsten Trimpop in seinem preisgekrönten Dokumentarfilm nach.

In Japan hat Heimat eine tiefe Bedeutung. Die Landschaft, in die man geboren wird, trägt der Mensch ein Leben lang in sich. Sie prägt ihn, sie ist ihm heilig: sie ist sein "Furusato". So fühlen sich die verbliebenen Bewohner der Gegend um Fukushima verantwortlich für ihre Heimat, die Aufrechterhaltung ihrer Traditionen, ihre Mitmenschen oder Tiere.

Menschen wie der Aktivist Bansho, die junge Pferdezüchterin Miwa oder die ältere Frau Noda - sie alle bleiben in der Heimat, mit zum Teil bereits spürbaren Folgen für ihre Gesundheit. Wobei nicht alle von ihnen diese Entscheidung freiwillig treffen. Entschädigungszahlungen für ihre unbewohnbaren Häuser haben nur wenige erhalten, andere haben keinerlei Hilfen bekommen. Sie können es sich schlicht nicht leisten, zu gehen. Wie auch den Schulkindern, die im Chor "Ich liebe Fukushima, ich gehe hier nicht weg" singen, bleibt ihnen keine andere Wahl, als in der verstrahlten Heimat zu bleiben.

"Furusato - Wunde Heimat" beginnt da, wo die gewöhnliche Berichterstattung in den Medien aufgehört hat, und zeigt, wie es den Menschen in den verstrahlten Gebieten in den ersten Jahren nach der Katastrophe geht. Wie lebt es sich an einem Ort, dem jede Zukunft genommen wurde? Gibt es Hilfe und verlässliche Informationen von Regierungsseite? Wer kann sich einen Neuanfang außerhalb der verstrahlten Heimat leisten, und wer ist dazu überhaupt bereit? Wie geht man mit der allgegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit um?
Im Januar 2012 war der Regisseur Thorsten Trimpop das erste Mal in Minamisoma, neun Monate nach dem Tsunami, der Japans Ostküste in Schutt gelegt, Tausende Menschen getötet und mehrere Reaktoren des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi zur kompletten Kernschmelze gebracht hatte. In den folgenden Jahren drehte er immer wieder dort.

"Furusato" wurde 2016 bei DOK Leipzig mit der Goldenen Taube als Bester Film im Deutschen Wettbewerb langer Dokumentar- und Animationsfilm ausgezeichnet. 2017 erhielt er im Wettbewerb des Newburyport Documentary Filmfestivals ebenfalls den Preis als bester Film.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Montag, den 17.12.2018 um 23:50 Uhr auf arte.

17.12.2018
23:50
Livestream
Audio-Format:stereo
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Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: ja
Hörhilfe: nein
HDTV: ja
Logo-Event: nein
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Schlagwörter:Dokumentation/Reportage
Alternative Ausstrahlungstermine:
09.03.2021 00:50 Uhr arte
17.12.2018 23:50 Uhr arte