Frauen, die Geschichte machten

Königin Luise

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Manche Länder erhielten ihre Prägung unter weiblicher Herrschaft. Englands Königin Elisabeth I. und die russische Zarin Katharina die Große schrieben als Regentinnen europäischer Großmächte Geschichte. Aber es gab auch Frauen, die nicht regierten, und dennoch historische Spuren hinterließen. Eine von ihnen wurde schon zu Lebzeiten "Königin der Herzen" genannt: Luise von Preußen. Ohne politische und militärische Macht gewann sie Einfluss auf Männer, die zu entscheiden hatten. Sie bewies Stärke, als ihrem Mann in entscheidenden Momenten die Entschlusskraft fehlte.


Luise - und nicht der Monarch - trat dem mächtigsten Kriegsherrn ihrer Zeit entgegen. Sie nahm es mit Napoleon Bonaparte auf. Und so gewann Luise - und nicht ihr Ehemann - das Format, als Symbolfigur des Umbruchs in Erinnerung zu bleiben.

Sie war eine Frohnatur, die als Halbwaise von ihrer klugen wie verständnisvollen Großmutter erzogen wurde. Als preußische Königin blieb sie ihrem unbefangenen Wesen treu. Das war ein Schlüssel zu ihrer Popularität. Die Vermählung Luises mit dem preußischen Thronfolger Friedrich Wilhelm III. 1793 galt als Liebeshochzeit, sie brach mit der Tradition bloßer Zweck-Heiratspolitik. "Ohne Zwang" wollte sie auch "die Liebe der Untertanen" gewinnen.

Auf Etikette gab Luise wenig und brachte frischen Wind in die Schlösser von Berlin und Potsdam. Durch ihr Temperament und ihre Entschlussfreudigkeit vermochte sie, die Schwächen ihres Gatten auszugleichen. Sie mischte sich hinter den Kulissen in die Politik ein, ermunterte ihren Mann zu Reformen. Ihre Schönheit und Anmut beeindruckten nicht nur Luises adeliges Umfeld, sondern auch viele Bürger. Sie wirkte natürlich, pflegte offene Umgangsformen, das Volk suchte ihre Nähe, und sie ging auf die Menschen zu.

In mehr als 16 Ehejahren zehn Mal schwanger, galt sie im sprichwörtlichen Sinne als Landesmutter - zwei von ihren sieben Kindern wurden später preußische Monarchen. Bei aller Bürgernähe und Offenheit blieb sie stets standesbewusst, der Forderung nach gesellschaftlicher Gleichheit im Sinne der Französischen Revolution konnte sie nichts abgewinnen. Sie verkörperte aus Überzeugung die Rolle der guten Ehefrau und Mutter, wurde auch für bürgerliche Familien zum Vorbild. Und doch bot sie dem mächtigsten Herrscher ihrer Zeit, Napoleon, die Stirn.

Während ihr Mann militärische Neutralität wahren wollte, erschien Luise die Machtprobe mit dem "Ungeheuer", wie sie den französischen Kaiser nannte, unausweichlich. Preußen unterlag in der vernichtenden Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806. Auch Luise hatte die Stärke der preußischen Armee überschätzt. Legendär bleibt das Treffen von Tilsit, die preußische Männerwelt wusste keinen anderen Rat, als die Königin zu Napoleon zu schicken, um ihm mildere Friedensbedingungen abzuringen.

Die Tatsache, dass Luise mit nur 34 Jahren - in einer Phase der Demütigung Preußens starb - verlieh ihr den Nimbus einer Märtyrerin. Daraus erwuchs die Legende, das Schicksal ihres Vaterlandes habe ihr das Herz gebrochen. Dichter und Denker schwärmten für sie, aber auch Mitglieder der aufkeimenden nationalen Bewegung sahen in ihr eine Hoffnungsträgerin der preußischen Wiedergeburt und deutschen Einigung.

Die Luise-Legende bot und bietet Raum für Projektionen. Immer wieder sollte sie auch in den kommenden Generationen in Erscheinung treten, in unterschiedlicher Gestalt: Mal als preußische Venus, mal als Muse, mal als Amazone, Übermutter oder Märtyrerin und nicht zuletzt als Wegbereiterin der deutschen Nation. Dabei sind Mythos und Wirklichkeit nach zwei Jahrhunderten der Verklärung kaum zu unterscheiden. Mit der Vereinigung Deutschlands hat das Interesse wieder zugenommen, zu erfahren, wer sie wirklich war. Luise Heyer verkörpert die bis heute verehrte Preußenkönigin Luise. In ihrer Darstellung zeigt sie, wie aus der lieblichen Mecklenburger Prinzessin die "preußische Madonna" werden konnte, warum sie ihren Gatten, König Friedrich Wilhelm III., in fast jeder Hinsicht überstrahlte, und was sie zur Ikone für nachfolgende Generationen machte.

Dokumentationsreihe Deutschland 2013

Regie: Christian Twente

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 23.12.2018 um 19:15 Uhr auf PHOENIX.