phoenix history

Die Deutschen I

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Nach der gescheiterten Revolution von 1848 schuf Otto von Bismarck 1871 im Schloss von Versailles den preußisch-deutschen Nationalstaat und brachte erstmals Einheit in den "Flickenteppich" Deutschlands.
Ab 1892 übernahm Kaiser Wilhelm II., als letzter deutscher Kaiser, die Herrschaft über das Deutsche Reich, der aber gänzlich andere Visionen als der Gründungskanzler Bismarck besaß. Infolge des katastrophalen Ersten Weltkriegs dankte Wilhelm II. unter dem Druck der Öffentlichkeit ab und am 9. November 1918 wurde die Weimarer Republik ausgerufen. "phoenix history" beleuchtet das Wirken von Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm ...


Kaiser, Könige, Päpste und Reformanten - sie alle haben die deutsche Geschichte geprägt. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 schuf Otto von Bismarck 1871 im Schloss von Versailles den preußisch-deutschen Nationalstaat und brachte erstmals Einheit in den "Flickenteppich" Deutschlands.

Ab 1892 übernahm Kaiser Wilhelm II., als letzter deutscher Kaiser, die Herrschaft über das Deutsche Reich, der aber gänzlich andere Visionen als der Gründungskanzler Bismarck besaß. Infolge des katastrophalen Ersten Weltkriegs dankte Wilhelm II. unter dem Druck der Öffentlichkeit ab und am 9. November 1918 wurde die Weimarer Republik ausgerufen.

"phoenix history" beleuchtet in "Die Deutschen" das Wirken von Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm den II.

* "Die Deutschen I - Bismarck und das Deutsche Reich"
Film von Friedrich Scherer

Nach der Revolution von 1848, dem vergeblichen Versuch einer "Einheit von unten", kam es nun zur "Einheit von oben". Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck ebnete den Weg zum ersten deutschen Nationalstaat. "Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Blut und Eisen", hatte der eigensinnige Politiker einst formuliert, doch einen konkreten Plan zur deutschen Einigung hatte Bismarck nicht: "Erreicht Deutschland sein nationales Ziel noch im 19. Jahrhundert, so erscheint mir das als etwas Großes, und wäre es in zehn oder gar fünfzehn Jahren, so wäre das etwas Außerordentliches, ein unverhofftes Gnadengeschenk von Gott", sagte er drei Jahre vor der Staatsgründung 1871.

Die deutsche Einigung war somit alles andere als vorherbestimmt, wie preußische Historiker später glauben machen wollten. Zudem hatte die "Nation" für Bismarck keinen Selbstwert, sie diente ihm vor allem als Vehikel zur Mehrung der Macht Preußens und auch der eigenen. Im Jahr 1866 wurde ein Pistolen-Attentat auf ihn verübt, der Student Ferdinand Cohen-Blind traf Bismarck mit zwei Kugeln. Wäre Bismarck damals gestorben, so Historiker, hätte dies den weiteren Verlauf der Geschichte entscheidend verändern können.

Mehr als ein Jahrhundert lang hatte der Dualismus Preußen-Österreich die Politik bestimmt. 1866 kam es zum Bruderkrieg. In der Schlacht von Königgrätz siegte überraschend Preußen dank der Eisenbahn und eines besseren Gewehrs, Österreich wurde damit förmlich aus der deutschen Geschichte gedrängt. Der Norddeutsche Bund von 1866, unter preußischer Führung, war die Vorstufe zum geeinten Deutschland wenige Jahre später - die südlichen Länder wie Bayern, Baden und Württemberg, blieben zunächst außen vor. Das änderte sich mit dem Krieg gegen Frankreich 1870. Der gemeinsame Gegner schmiedete die Deutschen zusammen. Im Januar 1871 hob Bismarck - im Schloss von Versailles - den preußisch-deutschen Nationalstaat aus der Taufe.

Die nationale Hochstimmung der Bevölkerung mag sogar den Staatsgründer selbst überrascht haben. Gerade die öffentliche Meinung hat einen derartigen Druck auf die Kabinette der süddeutschen Staaten ausgeübt, dass der Zusammenschluss mit dem Norddeutschen Bund geradezu alternativlos erschien. Das von Bismarck geschaffene Reich war das erste geeinte Deutschland, aber es war ein Fürstenbund, nicht das Volk war der Souverän, die Reichs-Regierung wurde nicht vom Parlament gewählt.

* *Die Deutschen I - Wilhelm und die Welt"
Film von Ricarda Schlosshan

"Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Tagen führe ich Euch entgegen", verkündet der junge Hohenzollern-Kaiser Wilhelm II. 1892 - zu Beginn der Epoche, die später nach ihm benannt wird. Er entpuppt sich als prunksüchtiger Monarch, selbstverliebt und betont forsch. Für die Mehrheit des deutschen Bürgertums aber wird er zum Sinnbild eigenen Strebens nach Glanz und Größe.
Der Liberale Friedrich Naumann meint gar: "Dieser Kaiser, über den ihr euch aufregt, ist euer Spiegelbild!" Die Fassade von Pickelhauben und Paraden ist symptomatisch für die "verspätete Nation". Der Pomp überspielt vieles. Die "innere" Einigung Deutschlands ist ins Stocken geraten, der junge Staat bleibt in sich gespalten. Alte territoriale wie konfessionelle Gegensätze bieten Konfliktstoff, im industriellen Aufschwung tun sich tiefe soziale Gräben auf. Der Reichstag, allen voran die stark anwachsende Sozialdemokratie, fordert mit der Zeit ein Ende des "persönlichen Regiments" Wilhelms II.

Der Kaiser beschimpft die Partei der Linken als "Vaterlandslose Gesellen". SPD-Abgeordnete wie Philipp Scheidemann reklamieren das deutsche Vaterland allerdings auch für sich: Durch die Politik des Monarchen sei der Bestand, die Einheit und der Frieden des Reiches gefährdet, sagt er. In dem Werdegang des prominenten Sozialdemokraten und des letzten deutschen Kaisers spiegelt sich vieles, was die Deutschen damals einte und trennte. Erstmals werden die gegensätzlichen Rollen und Charaktere, die Wilhelms II. und Scheidemanns, in einem Film dargestellt.

Wilhelm II. verfolgt andere Visionen als der Gründungskanzler Bismarck. Dieser hat der Welt vor Augen führen wollen, dass sich der neu gegründete Staat friedlich in das Konzert der Mächte einfügen kann. Der junge Hohenzoller aber will Kaiser einer Weltmacht sein, die mit den anderen Großmächten mithalten kann. Am deutschen Wesen, heißt es in nationalistischen Kreisen, solle die Welt genesen, notfalls unter militärischen Druck. So bildet sich ein internationales Bündnis gegen Wilhelms Reich. Deutschland fühlt sich von seinen Nachbarn eingekreist. Tatsächlich kreist es sich allmählich aus. Die Mächte in Europa rechnen mit dem großen Schlagabtausch, und sie verhindern ihn nicht, als der Kontinent der Katastrophe entgegentaumelt. Der Kaiser und die Opposition schließen im Angesicht des Krieges "Burgfrieden" - vorläufig.

Der Erste Weltkrieg wird zum ersten industriellen Vernichtungskrieg, zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Der mörderische Grabenkampf, vor allem an der Westfront, übertrifft an Grausamkeit, an menschlicher Verrohung selbst die schlimmsten Ahnungen. Hier wächst die Saat für eine Zeit, in der der Mensch nur noch als Material gilt. 1918 ist das deutsche Heer am Ende, und selbst die Generäle haben das begriffen. Eingestehen wollen sie es freilich nicht - zumindest nicht vor der Nation.

Wilhelm II. weigert sich abzudanken. Erst der Druck der Straße vermag das Kaisertum zu beseitigen. "Das deutsche Volk hat auf der ganzen Line gesiegt. Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue! Es lebe die deutsche Republik!", ruft am 9. November 1918 der SPD-Fraktionsvorsitzende Philipp Scheidemann aus. Die erste Demokratie auf deutschem Boden entsteht - doch die Bürden der Vergangenheit wiegen schwer.

Nach dem Krieg drängen einige Nachbarn auf eine Niederhaltung Deutschlands, es wird mit seinen Verbündeten zum Kriegsschuldigen erklärt. Nicht der deutsche Kaiser und seine Militärs, die den Krieg geführt haben, sondern Vertreter der jungen Weimarer Demokratie sind gezwungen, den Versailler Vertrag zu unterschreiben. Das diskreditierte die gerade erst gegründete deutsche Republik in den Augen vieler. Deutschland soll nach dem Krieg aber für 70 Jahre nicht zur Ruhe kommen.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 31.07.2018 um 14:15 Uhr auf PHOENIX.