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Der merkwürdige Fall des Stefan George

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Stefan George ist einer der seltsamsten Lyriker, die es in Deutschland je gab. Einer, bei dem man nicht weiß, ob ihn seine Gedichte legendär gemacht haben oder seine Lebensführung. Er wurde vor genau 150 Jahren in Bingen am Rhein geboren.


Kaum ein Dichter hat sich so oft fotografieren lassen. Und niemand hat sich so erfolgreich gegen Film- oder Tonaufnahmen verwahrt. Wohl kein Dichter hat je einen so ergebenen Kreis von Jüngern um sich geschart. Und kaum ein Dichter hat so sehr versucht, alles Weibliche aus seinem Werk zu tilgen. Stefan George ist einer der seltsamsten Lyriker, die es in Deutschland je gab. Einer, bei dem man nicht weiß, ob ihn seine Gedichte legendär gemacht haben oder seine Lebensführung. Er wurde vor genau 150 Jahren in Bingen am Rhein geboren, geriet früh in die Dichterkreise von Paris, Berlin und München, verfügte nicht einmal über eine eigene Wohnung, sondern nur über Zimmer bei Freunden in vielen Städten.

Er galt als exzentrisch, arrogant, frauenfeindlich - und als Genie und Guru.
Seine Anhänger waren zum allergrößten Teil junge, gutaussehende Männer. Sie dichteten, meißelten, fotografierten - und nannten ihren Zirkel "Das geheime Deutschland". Stefan George ließ sich mit "Der Meister" anreden und ermahnte seine Jünger zu Fleiß und Verantwortungsgefühl. Viele seiner Gedichte und seine Übersetzungen von Baudelaire und Dante sind bis heute Sprachwunder. "Der Meister" führte außerdem die generelle Kleinschreibung in die Poesie ein.

In der Geschichte des Stephan George-Kreises spiegelt sich auch deutsche Geschichte, zentral vielleicht in der Gestalt von Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Er und sein Bruder Berthold gehörten zu den Anhängern Georges und waren überzeugte Nationalsozialisten. Stefan George selbst starb am 4. Mai 1933, wenige Wochen nach Hitlers Amtsantritt. Ein paar Versuche, George auf die Seite der Nazis zu ziehen, fanden statt - wurden aber vom "Meister" streng abgelehnt.

Der Film zeichnet das Leben Georges nach. Er begleitet einen Nachfahren eines George-Schülers bei der Spurensuche und besucht die Lebensstätten in Bingen und Berlin.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 08.07.2018 um 18:45 Uhr auf SWR.