Die Überläufer

Wenn der Pfarrer die Konfession wechselt

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Jedes Jahr wechseln tausende Christen von der katholischen Kirche in die evangelische oder gehen den umgekehrten Weg. Für "Normalchristen" ist das inzwischen recht unspektakulär. Aber wie gehen Kirchenleitungen und Gläubige damit um, wenn Amtsträger ihrer Kirche den Rücken zuwenden und bei der "Konkurrenz" auf die Kanzel steigen?


In der St. Vicelin Kirche in Bad Oldesloe hat Pastor Hans Janßen Besuch von Schülern einer sechsten Klasse. Die Kinder sollen im Religionsunterricht auch die katholische Kirche kennenlernen und ihren etwas ungewöhnlichen Pastor: Hans Janßen war zwanzig Jahre evangelischer Pfarrer und ist jetzt katholischer Priester. Natürlich fragen auch die Kinder ihn, warum er nicht mehr evangelisch ist. Der Wechsel war kein leichter Weg für ihn: "Ich habe nicht mit einer solch großen öffentlichen Reaktion gerechnet. Das war mehr belastend als ich dachte, weil ich nicht mit solch heftigen Reaktionen gerechnet habe." Hans Janßen ist verheiratet und hat vier Kinder. Ihn packte die Sehnsucht nach einer anderen Art von Frömmigkeit. Er trug auch als evangelischer Pfarrer schon immer die Albe im Gottesdienst und war der Überzeugung, dass in der evangelischen Kirche dem Abendmahl nicht die ausreichende Bedeutung zukommt. Schließlich entschloss er sich zu dem radikalen Schritt. Er musste noch einmal für drei Jahre zum Studium ins Priesterseminar. Auch seine Frau konvertierte mit ihm zum Katholizismus. Für sie war diese Entscheidung alles andere als einfach. Als Pastorenfrau war sie sehr engagiert in der evangelischen Gemeinde: "Pfarrfrauen gibt es in der katholischen Kirche nicht."

Pfarrer Wolfgang Schumacher ist evangelischer Pfarrer im mittelfränkischen Uehlfeld. Gemeinsam mit Konfirmanden und dem Kirchenvorstand baut er ein großes buntes Zelt für einen Gottesdienst im Grünen auf. Bis vor drei Jahren war er noch katholischer Priester im Bistum Trier. Ein wichtiger Auslöser für seinen Konfessionswechsel war, dass er für die Arbeit als Seelsorger immer weniger Zeit hatte. "Das war letztendlich ein mittelständisches Unternehmen, was ich geleitet habe. Es gab Kindergärten, Baumaßnahmen und ich war Manager mit zusätzlichen seelsorglichen Aufgaben." Statt Dienst am Menschen, so hat er es empfunden, hatte er immer mehr mit Verwaltungsarbeiten zu tun. Und die Zahl der Gemeindemitglieder nahm durch Strukturreformen immer weiter zu. Auch Amtsverständnis, Zölibat und das Verbot der Frauenordination wurden ihm mehr und mehr fraglich. Seinen Wechsel zur evangelischen Kirche sieht er gemeinsam mit seinem Lebenspartner nicht als Bruch, sondern als logische Konsequenz und den Abschluss einer persönlichen Entwicklung.

Jedes Jahr wechseln tausende Christen von der katholischen Kirche in die evangelische oder gehen den umgekehrten Weg. Für "Normalchristen" ist das inzwischen recht unspektakulär. Aber wie gehen Kirchenleitungen und Gläubige damit um, wenn Amtsträger ihrer Kirche den Rücken zuwenden und bei der "Konkurrenz" auf die Kanzel steigen? In Ökumene-Debatten hat man oft den Eindruck, dass es noch immer unüberwindbare Unterschiede zwischen den Konfessionen gibt. Der Film zeigt, dass im individuellen Fall das scheinbar Unmögliche schon Realität ist, nicht nur in der Kirchenbank, sondern sogar auf der Kanzel.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Montag, den 21.05.2018 um 18:45 Uhr auf SR.

21.05.2018
18:45
Livestream
Audio-Format:stereo
Bild-Format:16:9
Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: nein
Hörhilfe: ja
HDTV: nein
Logo-Event: nein
VPS:1526921100
Schlagwörter:Dokumentation/Reportage, Porträt/Biografie, Christl. Religion
Alternative Ausstrahlungstermine:
22.05.2018 08:20 Uhr SR
21.05.2018 18:45 Uhr SR