Länder-Menschen-Abenteuer

Nordspanien in sieben Stunden - alpha-expedition

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Oft besungen und tatsächlich so schön, vielfältig und landschaftlich spektakulär, wie die Reiseführer immer schreiben: die Strecke Barcelona - Bilbao. Der Zug der staatlichen Eisenbahngesellschaft Renfe fährt am Fuße der Pyrenäen-Ausläufer entlang des Flusses Ebro. Ausgangspunkt ist die katalanische Metropole Barcelona. Die Reise nach Bilbao, der baskischen Stadt am Atlantik, dauert sieben Stunden und führt durch die höchst unterschiedlichen Provinzen, von Katalonien bis ins Baskenland.


Die am Mittelmeer gelegene Metropole Barcelona entwickelt sich rasant und vereint, wie keine andere Stadt Europas. Inmitten dieses kulturellen, internationalen Melting Pots treffen wir den Winzer Jabier Marquinez. Sein Weingut liegt in der spanischen Provinz La Rioja. Mit Jabier entdecken wir ein Stück altes Barcelona, das jüdische Viertel an den Ramblas. Hier trifft er spezielle Kunden. Für die jüdische Gemeinde produziert Jabier koscheren Wein.

Eine Spezialität, die bei internationalen Weinkennern höchste Anerkennung genießt. Dank streng religiöser Vorschriften und Aufsicht entsteht der vermutlich reinste Biowein der Welt. Mit Jabier, dem Winzer, machen wir uns auf den Weg nach Nordwesten, mit dem Zug Richtung Rioja. Durch fast alle Klimazonen Spaniens führt die Reise: karge Steppen, felsige Wüstenlandschaften, fruchtbare Wein- und Gemüsegebiete und vor dem Atlantik ein Gebirge, das an die Schweiz erinnert.

In der Provinzstadt Lleida verlassen wir Jabier und den Schnellzug einen Augenblick. Mit einer Museumsbahn, dem Tren de Llacs (Zug der Seen), folgen wir einer Abzweigung in die Ausläufer der Pyrenäen. Einst war diese Linie eine Verbindung durch die Berge nach Frankreich. Heute werden rund 90 Kilometer auf spanischer Seite befahren. Der Zug kämpft sich über Viadukte und durch Tunnel entlang seiner namensgebenden türkisfarbenen Seen in die Berge hinauf. An Bord ist Esther aus Barcelona. Die kaufmännischer Angestellte genießt die Ruhe hier draußen auf besondere Art. Sie lernt Paragliden. Wir begleiten sie zu einem ihrer großen Allein-Sprünge hinauf auf die atemberaubende Sierra del Montsec - und mit dem Gleitschirm hinunter.

Sind die Täler des Rio Ebro und des Rio Oja fruchtbar und grün, erstreckt sich dahinter karge, unwirkliche Wüstenlandschaft. Die Einsamkeit einer 42.000 Hektar großen Halbwüste. In den Bardenas Reales, einem riesigen Naturschutzgebiet, begleiten wir den Biologen Alejandro Urmeneta Hernández bei seiner Forschungsarbeit über die Flugrouten der Gänsegeier. Seltene Vogelarten leben hier und ausgestorbene Arten werden derzeit wieder etabliert. Alejandro ist Hüter dieser einzigartigen Landschaft. Er bewacht als Biologe nicht nur die Flora der Halbwüste, die im UNESCO-Reservat liegt, sondern vor allem kümmert er sich auch um die Vögel in diesem Gebiet. Nicht einfach, denn das Naturschutzgebiet ist gleichzeitig auch Übungsgelände für NATO-Bomber und Top-Location für Werbe- und Filmdrehs.

In Pamplona findet Spaniens wohl bekannteste Feier statt: die Sanfermines, die mit ihrer berühmten Stierhatz und dem Roman "Fiesta" von Hemingway so berühmt geworden ist. Eine Stadt taucht sich eine Woche lang in rot-weiße Farben und feiert eine Party, wie es sie weltweit nur selten gibt. Die Schichten im Café Iruña sind hart an diesen Tagen. Das alte Stammcafé am Platz war Hemingways Lieblingscafé. Heute und in den kommenden Tagen platzt es aus allen Nähten und die Kellnerin Sonja kommt ins Schwitzen, findet aber trotzdem ein nettes Wort für die "netten, aber oft sehr betrunkenen" Amerikaner und die "anstrengenden" Franzosen.

Nur Spanier trifft sie in dieser Woche wenige in der bei Touristen beliebten Bar. Die sind draußen auf der Straße. Beim Encierro, dem berühmten Stierlauf, durch die Gassen der Innenstadt von Pamplona. Jeden Morgen pünktlich um 8 Uhr werden die Stiere aus Gehegen zum Stierkampf in die Arena getrieben. Tausende Menschen versuchen vor ihnen herzulaufen, wie es die Jungs von Pamplona schon seit Jahrhunderten gemacht haben. Zum Auftakt der Fiesta wird in einer Prozession die Figur des Schutzheiligen San Fermín durch die Altstadt getragen. Nach ihm ist die Fiesta benannt: die Sanfermines. Haro, die Weinhauptstadt der Rioja, liegt auf einem malerischen Hügel umgeben von Bodegas. Rund um den Bahnhof scharen sie sich, denn die Zuglinie von Barcelona nach Bilbao war einst der Absatzweg für die Weine von hier. Heute erledigen das Lkws. Aber mit dem Zug kommen Saisonarbeiter für die Ernte, Touristen und Jabier Marquinez, der Winzer, zurück aus Barcelona. Endlich ist er nach langer Fahrt durch den halben Nordosten Spaniens angekommen: Mit dem Jeep geht es hinauf in die Berge der Rioja Alta, der hohen Rioja. Rund um das Castillo de Sajazarra liegt die Bodega Sajazarra. Hier produziert Javier edle und zum Teil koschere Weine mit einer Leidenschaft, die fast schon an Besessenheit grenzt. Wein ist sein Leben, seit er als kleiner Junge die amerikanische Serie "Falcon Crest" geschaut hat, träumte er von dem Leben, das er jetzt führt.

Der Zug von Barcelona kämpft sich gen Ende seiner gut siebenstündigen Fahrt, durch die Bergkette, die das spanische Hinterland vom Atlantik trennt. An diesen Bergen scheiterten einst die Mauren, als sie die ganze Iberische Halbinsel besetzen wollten. Bis heute gibt es keine schnelle Zugverbindung bis ans Meer. Fast im Schritttempo geht es durch atemberaubende Landschaften, die an die Schweiz erinnern, bis hinunter an den Atlantik. Dort wartet Bilbao. Nicht zuletzt dank der Eröffnung des Guggenheim-Museums hat sich die einst graue Industriestadt inzwischen herausgeputzt und ist die Reise wert.

alpha-expedition

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 06.05.2018 um 10:30 Uhr auf ARD alpha.