Die See der kleinen Monster

Ein Film von Manfred Christ

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Weit drüben, in der südostasiatischen Inselwelt, liegt Sulawesi, und gleich daneben die Insel Lembeh. Die schmale Wasserstraße, die Lembeh von der Hauptinsel trennt, beherbergt eine sagenhafte Gesellschaft von bizarren Meerestieren. Es heißt, es gäbe nirgendwo sonst auf der Erde einen Platz wie diesen, so viele unterschiedliche, bunte, skurrile und seltene Arten auf einem einzigen Fleck.

Die Wiener Tierärzte Claudia und Manfred Hochleithner haben diesen außergewöhnlichen Lebensraum sieben Jahre lang unzählige Male besucht und mit unendlicher Geduld Hunderte winzige, oft nur wenige Millimeter große Meeresorganismen gefilmt.


Korallenriffe und Haie waren gestern. Heute sind kleine Meeresmonster angesagt. Die "Universum"-Dokumentation "Die See der kleinen Monster" von Manfred Christ taucht ab zu Wesen, die das Licht der Öffentlichkeit gerne meiden. Will man sie dennoch vor die Kamera locken, ist die Hilfe von Profis gefragt. Die Wiener Tierärzte und Taucher Claudia und Manfred Hochleithner präsentieren das Meer und seine Bewohner aus einem neuen, ebenso erschreckenden wie amüsanten Blickwinkel: An einem ganz besonderen Flecken der südostasiatischen Inselwelt haben die beiden tausend Stunden unter Wasser verbracht und bizarre, verblüffende Tiere gefilmt, die in klassischen Meeresfilmen fast nie zu sehen sind: Tintenfische zum Beispiel, die nicht schwimmen, sondern mit ihren Fangarmen am Boden spazieren.

Krabben, die sich zum Schutz vor Feinden ausgerechnet Seeigel und Quallen aufsetzen und damit aufgeregt durch die Gegend rennen. Anglerfische, die aussehen, als wären sie einem alptraumhaften Science-Fiction-Film entsprungen, die alles inhalieren, was ihnen vors Maul schwimmt, sogar giftige Rotfeuerfische. Im Sand vergrabene Himmelsgucker, die mit ihrer Zunge einen Wurm vortäuschen, auf diese Weise neugierige Beute anlocken und sie dann mit einem Ruck verschlingen. Kraken, die zwischen mehreren Kokosnuss-Schalen hausen, sich bei jedem Ortswechsel die Schalen gewissermaßen unter die Achsel klemmen und damit tollpatschig über den Sandboden stolzieren. Und Seegurken, die weiße Fäden spucken, eine Garnele, die sexy mit dem Hintern wackelt, eine Krabbe, die mit lebenden Handschuhen schattenboxt, und ein wabbeliges Schleimmonster, das seltsamerweise "Seehase" genannt wird. Nicht zu vergessen die Geistermuränen, die unter den gutgläubigen Kardinalbarschen ein Massaker anrichten.

Der Film spielt in der Straße von Lembeh an der Nordspitze von Sulawesi. Sämtliche Aufnahmen wurden draußen im Meer geschossen, im freien Wasser, in stundenlangen Tauchgängen bis an die Grenze des körperlich Möglichen. Keine Aquarienaufnahmen, keine Tricks. Selbst beim Betrachten von Details ist zu spüren, dass rundum das Meer pulsiert. Organische Teilchen treiben vorbei, die Weite und die Tiefe des Lebensraums sind offenkundig und oben wogen die Wellen.

Die schmale Wasserstraße, die Lembeh von der Hauptinsel Sulawesi trennt, ist weltweit einzigartig. Es heißt, es gäbe nirgendwo sonst auf der Erde einen Platz wie diesen, so viele unterschiedliche und seltene Arten auf einem einzigen Fleck.

Und dies alles, obwohl der Meeresgrund vor Lembeh absolut nichts von der kristallklaren Schönheit eines Korallenriffs an sich hat, im Gegenteil: Große Teile der Unterwasserlandschaft sind von Schlick und Lavasand bedeckt, kahl und trostlos. Manche Areale sehen aus wie die Uferzonen eines veralgten Bergsees, mitten drin jedoch schillernde Meerestiere, unwirklich, atemberaubend, wunderlich.
Dazu kommt, dass der Schlammboden von Müll und Unrat übersät ist. Diese Souvenirs der Zivilisation werden von den Meerestieren jedoch dankbar als Wohnstätten angenommen. In einer Blechdose kann ein kapitaler Oktopus sitzen und in einem alten Autoreifen entdeckt man unter Umständen einen riesigen Kugelfisch.

Im Bestreben, Neues zu entdecken und zu filmen, sind die beiden Österreicher überdies auf eine absonderliche Idee gekommen: Sie haben ein tierärztliches Endoskop, das für die Untersuchungen von Pferden benutzt wird, in ein Unterwasser-Endoskop umfunktioniert. Ziel des technisch und praktisch aufwendigen Unterfangens war ein erster Blick in die weit verzweigten Gangsysteme der Fangschreckenkrebse. Die angriffslustigen Fangschreckenkrebse verbringen die meiste Zeit des Lebens in ihren im Meeresboden gelegenen selbst gegrabenen Katakomben. Ein für Wissenschafter unzugänglicher Lebensraum, denn hineinzublicken ist unmöglich, und beginnt man zu graben, fällt alles zusammen. Das meterlange Endoskop gewährt erstmals einen Blick in dieses dunkle Labyrinth. Der Weg hinunter scheint endlos. An den Höhlenwänden sitzen eigenartige Organismen, tief unten dann der Fangschreckenkrebs, der sich nicht scheut, das Endoskop zu attackieren.

Regisseur Manfred Christ hat Claudia und Manfred Hochleithner auf ihren Tauchgängen in der See der kleinen Monster begleitet und deren in sieben Jahren gedrehtes Unterwasserfilm-Material zu dieser Dokumentation verschmolzen.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 25.04.2018 um 19:15 Uhr auf PHOENIX.