Campus REPORTAGE

Future Kids - Was Kinder brauchen - Die Zukunft der Betreuung

Kinder sind neugierig, sie lernen leicht und gerne. Nur hat man diese Tatsache bisher zuwenig genutzt. Die bayerischen Kindergärten entwickeln sich nun nach und nach von Betreuungs- zu Bildungseinrichtungen. Dabei werden die Kinder als das gesehen, was sie sind: Forscher und Entdecker, die ihren ganz persönlichen Lernweg gehen.


Kinder sind neugierig, sie lernen leicht und gerne. Nur hat man diese Tatsache bisher zuwenig genutzt. Die bayerischen Kindergärten entwickeln sich nun nach und nach von Betreuungs- zu Bildungseinrichtungen. Dabei sollen sie aber nicht als vorgezogene Schule dienen, Wissen soll nicht einfach "vermittelt" werden. Vielmehr werden die Kinder als das gesehen, was sie sind: Forscher und Entdecker, die ihren ganz persönlichen Lernweg gehen - in ihrem Tempo und mit ihren individuellen Interessen und jedes mit seinen besonderen Bedürfnissen.

Jedem Kind nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen gerecht werden: Das ist auch das Motto des integrativen Kindergartens "Vogelshof" in Würzburg. Von dreißig Kindern werden hier zehn mit Behinderung aufgenommen. Integratives Arbeiten soll künftig in möglichst vielen bayerischen Kindergarteneinrichtungen stattfinden. Aber ganz leicht wird es den Erzieherinnen und Eltern bisher nicht gemacht. Den Fachkräften mangelt es oft an Fortbildungen, den Eltern fehlt es an Informationen.

Ein Punkt, den auch der "Vater" des neuen bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans, Prof. Wassilios Fthenakins sieht: "Wir brauchen besser ausgebildete Fachkräfte und müssen bereit sein, mehr Geld für unsere Kinder auszugeben", denn bisher ist Deutschland in Bezug auf die Bildungsausgaben im europäischen Vergleich weit hinten.
Ein weiteres Problem zeigt sich beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Während Kinder bis zu sechs Jahren noch selbst die aktive Forscherrolle einnehmen dürfen, ändert sich das System schlagartig mit dem Schuleintritt: Plötzlich bestimmt die Lehrkraft, bzw. der Lehrplan den Tagesablauf, die Kinder müssen still sitzen und den Frontalunterricht stundenlang durchstehen. Ein Manko, das die Reformpädagogik der Italienerin Maria Montessori schon vor langem erkannt hat.

"Wirkliche Freiheit beginnt am Anfang des Lebens und nicht wenn wir erwachsen sind." Seit über zwanzig Jahren praktiziert die Montessori Schule in Starnberg die Grundsätze der berühmten Ärztin und Erziehungswissenschaftlerin. Die im bayerischen Bildungs- und Erziehungspan geforderte Altersmischung wird hier ebenfalls seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert. Kann ein Lehrer aber zur selben Zeit einem Erstklässler und Viertklässler gerecht werden? Einer kann schon lesen und schreiben, der andere malt lieber oder "spielt".

Aber die Freiarbeit, ein wesentlicher Bestandteil der Montessoripädagogik, erscheint nur dem Unwissenden als Chaos. Denn die sorgfältig vorbereitete Umgebung stellt alles zur Verfügung, was das Kind individuell zum Weiterkommen braucht. Die Würde eines jeden Kindes wird so gewahrt, es bedarf weder der Bestrafung noch der Belohnung. "Manchmal denken Eltern, dass ihr Kind ein halbes Jahr nichts gelernt hat"; sagt Jürgen Negenborn, der Schulleiter. "Das stimmt nicht, das Kind hat vielleicht nicht das gelernt, was die Eltern wollten. Dafür etwas ganz anderes Wichtiges." Vertrauen haben in die Kinder: das ist die wichtigste Haltung, die die Eltern und die Gesellschaft in Zukunft annehmen sollten. Denn, um es mit Montessori zu sagen: "Das Kind an sich ist gut, doch es muss gut sei dürfen."

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 25.04.2018 um 22:15 Uhr auf ARD alpha.