Von Sängern und Mördern

Gesangswettbewerb in russischen Gefängnissen

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

Sie performen den Song ihres Lebens. Singen oder rappen von Heimweh, Liebe und der Bitte um Vergebung. Es sind starke Stimmen zu wehmütigen Melodien. Sie gehören Dealern und Diebinnen, Räubern, Totschlägern oder Mörderinnen - eingesperrt in einem der rund tausend russischen Gefängnisse und Straflager zwischen St. Petersburg und Wladiwostok. Sie alle träumen davon, beim Gesangswettbewerb "Kalina Krasnaja" (deutsch: "Roter Holunder"), mitmachen zu dürfen.


Für seinen Dokumentarfilm "Von Sängern und Mördern" hat sich Stefan Eberlein zwischen 2012 und 2015 in eine verschlossene Parallelwelt begeben und den Song Contest hinter Gittern beobachtet. Jeder der schätzungsweise 700.000 Gefangenen Russlands darf teilnehmen. Er bietet die Hoffnung auf die rare Chance, der unerbittlichen Monotonie von Gefängnis und Straflager auf Zeit zu entkommen. Als Verheißung lockt die Ehre, zu den etwa 35 Auserwählten zu gehören, die bei der jährlichen Konzert-Gala auftreten.

Das nicht unumstrittene Projekt wurde 2003 von dem Moskauer Musiklabel "Sojus Production" ins Leben gerufen. "Resozialisierung durch Kreativität" ist die Idee dahinter. Für Natalia Abaschkina, Regisseurin der Show und Seele des Programms, ist es eine Berufung. Unermüdlich reist sie durchs Land, sucht Talente und kümmert sich um ihre Schützlinge. Sie ist den strafgefangenen Männern und Frauen Mutter, Coach, Seelsorgerin, Bewährungshelferin.

Stefan Eberlein und sein Team begleiten Natalia durch halb Russland. Sein Film gibt Einblicke in die von Tragödien und Brüchen gezeichnete Vita dieser starken Frau. Und er lässt die "Kalina"-Musiker selbst zu Wort kommen. In ihren Lebensgeschichten werden nicht nur persönliche Schicksale sichtbar, sondern darin spiegelt sich auch die gesellschaftliche Realität eines Staates wider, der noch immer von Willkür und Brutalität geprägt ist.

"Von Sängern und Mördern" zeigt, dass es auch in der rauen Wirklichkeit des heutigen Russland möglich ist, zutiefst menschlich und solidarisch zu handeln - und macht die kathartische Kraft von Musik spürbar.
Film von Stefan Eberlein

Die Sendung wird ausgestrahlt am Donnerstag, den 11.01.2018 um 23:45 Uhr auf SWR.

11.01.2018
23:45
Livestream
Audio-Format:stereo
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Farbe:farbe
Audio-Beschreibung: nein
Hörhilfe: nein
HDTV: ja
Logo-Event: nein
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Schlagwörter:Dokumentation/Reportage, Russland, Menschen im Alltag, Recht/Justiz
Alternative Ausstrahlungstermine:
28.05.2020 23:15 Uhr HR
11.01.2018 23:45 Uhr SR
11.01.2018 23:45 Uhr SWR