Gernstls Zeitreisen
Von Northeim an die Ostsee
Unterwegs war Franz X. Gernstl mit seinem Freund Fischer immer schon gerne. Quer durchs Land, einfach drauf los, schauen, was ihnen dabei unterkommt. 1983 fuhren sie zum ersten Mal fürs Fernsehen los. Am 10. Längengrad entlang, vom Allgäu bis zur Ostsee. Nun, 30 Jahre später, sind Franz Gernstl, Kameramann HP Fischer und Tonmann Stefan Ravasz erneut auf Entdeckungsreise mitten durch Deutschland.
Damals wie heute wollen sie interessante Leute kennen lernen. In Hildesheim etwa, wo Dr. Pilsack 1983 dabei war, eine bahnbrechende Idee zu verwirklichen: ein Navigationsgerät fürs Auto. Heute ist Dr. Pilsack ein glücklicher Mensch. Wenig verwunderlich, egal in welches Auto er steigt, trifft er auf seine Erfindung.
Nächster Halt: Otze, ein typisch niedersächsisches Dorf. Fachwerk, Backstein und alte Bäume. Hierher kommt man auch ohne Navi ,denn der 10. Längengrad geht direkt durch den Ort. Vor dem Haus mit der Nummer 16 treffen Franz Gernstl und sein Team eine Künstlerin, die an einem Mosaik arbeitet. Eigentlich ist sie Erzieherin, aber gleich nach der Ausbildung ist sie in die Welt hinausgezogen. Sie wollte nicht so werden wie viele andere, die nach acht Stunden Arbeit fertig nach Hause kommen, vor dem Fernseher versacken und sich beschweren. Bald bricht sie wieder auf. Mit dem Rad, erst in die Türkei und dann weiter. Adolf Meinecke will nicht weg. Der alte Mann ist auf dem Weg zum Feuerwehrhaus, um die Turmuhr aufzuziehen. Wie jeden Freitag. Im Schlepptau hat er Ziegenbock Ole, ein erstaunlich freundliches Tier.
Weiter im Norden liegt Hamburg. In Ottensen, einem Stadtteil von Hamburg, besucht der Reporter nach dreißig Jahren den Maler Dieter Plett zum zweiten Mal. Der Trieb aus allem etwas zu machen, was herrenlos herumliegt, ist dem Lebenskünstler geblieben. Doch eines hat sich geändert: "Die Zeit ist knapper geworden", sagt Dieter Plett. Noch ist er nicht dahinter gekommen, woran das liegt.
Auf einem der stattlichen Höfe in Schleswig-Holstein hatte Gernstl bei seiner ersten Reise den künftigen Bauern kennen gelernt - dachte er zumindest. Aber der Junge von damals lebt heute als Brunnenbauer in Irland. Je länger er weg ist, desto öfter kommt Stefan Petersen ins Grübeln, ob es richtig war, in die Ferne zu ziehen.
Friedrichsort bei Kiel. Hier hatte das Filmemacher-Trio 1983 den Holzschnitzer Ralf Heinrich getroffen. Ein Besessener, der gerade sein Lebenswerk vollendete - eine hochseetaugliche Segelyacht. Heute lebt Ralf Heinrich in einem Pflegeheim. Auf sein Schiff wird er nie mehr gehen. Traurig scheint ihn das nicht zu machen. Vielleicht liegt es daran, dass für ihn die Seele das Wesentliche ist.
So endet eine lange Reise, auf der das Gernstl-Team eine Menge Leute getroffen hat, manche sogar zweimal. Ein Rezept für ein gelungenes Leben scheint es nicht zu geben. Eines ist aber deutlich geworden: Dreißig Jahre sind eine kurze Zeit. Und deshalb ist es ratsam, das Leben nicht auf später zu verschieben.
Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 13.08.2017 um 18:30 Uhr auf ARD alpha.
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