Die Tricks der Lebensmittelindustrie 9

Mal in seiner "Food-Werkstatt", mal vor Ort bei Herstellern demonstriert Sebastian Lege erstaunliche Verfahren zur industriellen Gewinnoptimierung. Und er stellt Testesser auf die Probe: Wie leicht lassen sich die Sinne täuschen? Außerdem gibt er Tipps, worauf jeder beim Einkauf achten oder wofür man sogar selbst den Mixer anwerfen kann. Milchersatz-Produkte wie Hafer- oder Mandelmilch etwa lassen sich aus günstigen Zutaten einfach selbst machen, während die Industrie dafür hohe Preise verlangt. Der Trick für mehr Volumen Sahnig, cremig, körnig, käsig - die Konsistenz ist bei Lebensmitteln oft ein entscheidender Genussfaktor. Experten sprechen vom "Mundgefühl". In immer mehr Produkten täuschen Pflanzenfasern hochwertigere Zutaten vor, etwa in Frischkäse, Tortellini oder Wurst. Wie das funktioniert, zeigt Sebastian Lege am Beispiel von Kichererbsen-Dip. Traditionell erhält Hummus seine typische Konsistenz durch Zutaten wie Sesampaste und Olivenöl. Pflanzenfasern, z.B. aus Bambus, gehören aber inzwischen zu den Allzweckwaffen der Industrie. Lege demonstriert in seiner Werkstatt, wie die billigen Pflanzenfasern als geschmacksneutrale "Füllstoffe" z.B. im Hummus für Volumen sorgen, sodass hochwertige Zutaten eingespart werden können. Mogelpackung Vollkorn-Brot Woran erkennt man eigentlich Vollkorn-Produkte? Die meisten Verbraucher achten vor allem auf eine dunklere Farbe des Teiges - und kaufen so oftmals unwissentlich dunkel gefärbte Weißmehlprodukte. Der Farbstoff ist Malzextrakt, hergestellt aus Gerste, ebenfalls ein Getreide. Und so fällt es auf der Zutatenliste nicht auf. Vorteil für die Bäcker: Gefärbtes Feinmehl ist einfacher und schneller zu verarbeiten als Vollkornschrot. Viele Kunden bevorzugen aber Vollkorn-Produkte, weil sie ernährnugswissenschaftlich als gesünder gelten. Empfindliche Tropenfrucht: die Mango Vollreife Mangos waren früher Luxus, doch inzwischen gibt es die beliebten Tropenfrüchte selbst beim Discounter zum günstigen Preis. Möglich ist das nur durch eine Logistik, die ein Verderben der Früchte auf ihrer Reise aus den tropischen Erzeugerländern nach Deutschland vermeidet. Und das bei riesigen Transportmengen. Immerhin kaufen die Deutschen gut 50.000 Tonnen Mangos im Jahr. Saisonale Schwankungen im Angebot soll der Kunde nicht merken. Der Trick dabei: Die Früchte werden vor der endgültigen Reife geerntet und gekühlt per Schiff transportiert. Sie reifen erst nach der Transportreise nach Deutschland in "Reifekammern", in denen Gase den Reifeprozess steuern, punktgenau nach den Wünschen der Abnehmer. ZDFzeit fragt nach: Leidet dabei die Qualität? Sind die Gase umwelt- oder gesundheitsschädlich? Und wie wirkt sich der Chemie-Trick auf die Ökobilanz der Fernimporte aus? Milchersatz-Produkte selbermachen? Menschen mit Laktoseintoleranz haben sie schon lange für sich entdeckt: pflanzliche Milchersatz-Produkte. Mittlerweile verzichten auch viele andere Verbraucher freiwillig auf Kuhmilch. Alternativen gibt es viele: aus Reis, Sojabohnen, Mandeln, Nüssen, Hanf oder Hafer. Spezielle Barista-Versionen machen sogar das Aufschäumen für den Kaffee möglich. Lebensmittel-Entwickler Sebastian Lege demonstriert in seiner Werkstatt, wie einfach die Rezepte und wie preiswert die Zutaten sind, aus denen solche Produkte hergestellt werden. Wer will, kann das zuhause nachmachen - und dabei eine Menge Geld sparen, wie ein Vergleich der Herstellungskosten und Verkaufspreise deutlich macht. Wie erklärt die Industrie die extreme Gewinnspanne? Sebastian Lege besucht einen Großproduzenten für Hafermilch und hakt nach. Ist Milch dank EU-Subventionen billiger als Ersatzprodukte? Pflanzliche Alternativen zu Milch sind meistens teurer als Kuhmilch. Aber liegt das an EU-Subventionen für Milchbauern? Prinzipiell nein, denn... ...es gibt keine Milchsubventionen im eigentlichen Sinne. Seit dem Ende der "Milchquote" 2015 erhalten Milchbauern keine andere Förderung als andere Landwirte. Die Gemeinsame Agrapolitik der EU (GAP), die auch in Deutschland gilt, steht laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf zwei Säulen: Gut drei Viertel der Fördergelder sind flächenbezogene Direktzahlungen, d.h. vereinfacht gesagt, wer mehr Land hat, bekommt mehr Zuschüsse, weil ein Fixpreis pro Hektar bezahlt wird – und das ohne größere Auflagen. In der Hinsicht kassieren Getreidebauern, die viel Land beackern (z.B. für Hafermilch) sogar mehr als Michbauern, die ihr Vieh im Stall halten. Diese Flächenförderung müssen viele Milchbauern nutzen, um die Deckungslücke zwischen Produktionskosten und Verkaufspreis ihrer Milch zu schließen, denn ein Liter Milch kostet in der Erzeugung ca 45 Cent, bezahlt werden aber nur ca 34 Cent (diese Preise schwanken ständig). Die Kritik: Je mehr Land ein Bauer besitzt, desto besser steht er da, was die kleinen Höfe benachteiligt. Zusammengefasst gibt es aber keine Bevorzugung der Milchbauern und keine Subvention pro Liter Milch. Die zweite Säule von ca. einem Viertel der Gesamtfördersumme beinhaltet keine Direktzahlungen an Bauern, sondern Fördergelder. Diese verteilen sich auf unterschiedliche Zielsetzungen, z.B. die Umstellung auf Ökologischen Landbau, Verbesserung des Tierwohls etc. Zum Teil geht es aber auch um Struktur- bzw Regionalförderung – und da wird auch schon mal eine Großmolkerei bezuschusst, weil sie Haupt-Arbeitgeber im Landkreis ist. Eine explizite Milch-Förderung ist aber auch das nicht, denn auch Getreide verarbeitende Betriebe beziehen Fördergelder aus Strukturmaßnahmen für den ländlichen Raum. Als echte staatliche Fördermaßnahme kann man allerdings die Steuerpolitik betrachten, bei der Milch in Deutschland nur mit 7% Mehrwertsteuer belegt ist, während auf Milchersatzprodukte 19% MwSt anfallen.


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Herkunft: ZDF-Mediathek
Sender: ZDF
Depublizierung: 07.12.2021 18:00Uhr
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